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Infos


    

Thorsten Schuster, NPD-Landes-
vorstand HH, Anmelder des
Naziaufmarsches am 02.06.12
Foto: HBgR

Im Vordergrund: Dieter Riefling,
Freier Nationalist aus NDS, Inge
Nottelmann Anmelderin des Nazi-
Aufmarsches 2008, dahinter
Thorsten Schuster, diesjähriger
Anmelder, Bild 1. Mai 2008
Foto: m.u.p.
Tobias Thiessen (li.) Kamerad-
schaft "Neonazis in Hamburg"
und Torben Klebe, NPD-Vorsit-
zender HH, hier beim Aufmarsch
1. Mai 2008, Foto: m.u.p.

  

Dieter Riefling und der ehema-
lige Hamburger Nazikader Chris-
tian Worch; Foto: m.u.p.
 "Weiße Wölfe Terrorcrew" mit
Transparent bei einem Aufmarsch
in Bad Nenndorf; Foto: Kai Budler
Weiße Wölfe Terrorcrew posieren
im alten Outfit; Quelle Internet

Stolpersteine für den Naziaufmarsch

von Felix Krebs

Am Freitag den 2. März fand eine größere Razzia bei Neonazis in Hamburg und Niedersachsen statt. Im diesem Zusammenhang wurde auch deutlicher, wer die Strippenzieher für den geplanten Naziaufmarsch am 2. Juni in Hamburg sind.

Die Razzia bei insgesamt 17 Personen richtete sich gegen eine neue Aufmarsch-Form der Neonazis, welche diese unter dem Titel „Die Unsterblichen“ seit einem Jahr praktizieren. In Hamburg fand ein solcher, landestin organisierter Aufmarsch mit weißen Masken und Fackeln am 17. Dezember 2012 im Bezirk Harburg statt. Veranstaltet wurde dieser aus dem Umfeld der Gruppierung „Hamburger Nationalkollektiv-Weiße Wölfe Terrorcrew“ (HNK-WWT) einem Zusammenschluss von zwei Nazigruppen die subkulturell geprägt sind, am ehesten dem Spektrum der „Autonomen Nationalisten“ zu zurechnen sind und bisher durch extreme Gewalttätigkeit aufgefallen sind. Die Razzia muss aber auch vor dem Hintergrund der Mobilisierung für einen größeren Naziaufmarsch in Hamburg am 2. Juni 2012 unter dem Titel „Tag der deutschen Zukunft“ (TDDZ) gesehen werden, für den HNK-WWT, NPD und Freie Kameradschaften mobilisieren.

Politisierte Terrorcrew

Die Gruppierung „Weiße Wölfe Terrorcrew“ war ursprünglich eine typisch subkulturell geprägte Schläger- und Sauftruppe, die optisch eher dem klassischen Skinhead-Outfit entsprach. Die WWT fiel in der Vergangenheit or allem durch Gewalt gegen MigrantInnen und Polizeibeamte auf. Schon in der Vergangenheit gab es mindestens zwei Razzien bei Mitgliedern, u.a. auch in der Eißendorfer Lühmannstraße, wo Beamte auch jetzt wieder vorstellig wurden. Eine der Führungspersonen wurde schon 2009 zu einer Haftstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt. Entsprechend ihres martialischen Namens macht die WWT aus ihrer Gewalt- und NS-Verherrlichung keinen Hehl. Ihr Emblem ist eine Mischung aus Wolfstatze und Schlagring, auf dem Rücken ihrer T-Shirts steht über dem jeweiligen Spitznamen das Wort „Unbelehrbar“, darunter das Nazi-Kürzel „C18“, welches für Combat 18, also „Kampf Adolf Hitler“ steht. Außerdem ist „Combat 18“ eine Nazi-Terror-Organisation, die europaweit aktiv ist und dem verbotenen Musik-Netzwerk „Blood & Honour“ nahe steht.

Das HNK hingegen ist noch sehr jung und scheint durch den Zusammenschluss mit den Weißen Wölfen eine Politisierung in die neue neu entstandene Formation gebracht zu haben. Dies zeigt sich nicht nur durch die regelmäßige Teilnahme an auswärtigen Naziaufmärschen des HNK/WWT, sondern auch an einem seit Mai 2011 bestehenden Internet-Blog mit regelmäßiger Berichterstattung. Sich selbst beschreibt das HNK als „völkisch, autonom, konservativ, sozialistisch und revolutionär“. Kampagnen mit Namen „Volkstod stoppen“, Hetze gegen MigrantInnen und die Verehrung des SA-Idols Horst Wessel, lassen trotz der verwirrenden Selbstbeschreibung, eine eindeutig neonazistische Gesinnung erkennen.

Altgediente Kameraden

Im Gegensatz zur Gruppierung HNK/WWT, kann der Kameradenkreis „Neonazis in Hamburg“ um Tobias Thiessen und Inge Nottelmann, der ebenfalls zu dem Aufmarsch am 2. Juni mobilisiert, eher als alt gedient bezeichnet werden. Thiessen ist seit mindestens 15 Jahren führend in der norddeutschen Naziszene tätig und sehr gut vernetzt. Er gehört seit Jahren zum Netzwerk der Freien Kameradschaften, betreibt Anti-Antifa-Arbeit und arbeitet eng mit der Hamburger NPD zusammen. Er gehört seit drei Jahren, wie auch der ehemalige Steilshooper Nazikader Christian Worch (jetzt Parchim), zu den Strippenziehern des TDDZ. Seine Lebenspartnerin Inge Nottelmann ist ebenfalls seit fast 20 Jahren in der Szene aktiv. Sie war 2008 auch die Anmelderin des letzten großen Naziaufmarsches in Hamburg. Damals gab es im Stadtteil Barmbek massive Übergriffe aus PolizeibeamtInnen, JournalistInnen und politische GegnerInnen.
In der politischen Mobilisierung zum TDDZ hat die Kameradschaft von Thiessen und Nottelmann seit einem halbem Jahr zwei Schwerpunkte: Zum einen werden auf der eigenen Homepage rassistische Artikel mit aggressivem Inhalt verbreitet. Titel wie „Überfremdung und Volkstod“, Multikulti ist Völkermord“ oder „Ist der Ali kriminell, in die Heimat aber schnell“, lassen an Deutlichkeit keinen Zweifel. Ein weiterer Schwerpunkt der Nazi-Propaganda auf der Seite ist die steckbriefähnliche Denunziation von antirassistisch und antifaschistisch engagierten Menschen. Diese Artikel sind sicherlich auch ein Versuch die eigene Vormachtstellung, durch das vermeintliche „Insider-Wissen“, für die Szene zu beweisen. Denn mit dem HNK/WWT ist dem Kameradenkreis um Thiessen eine junge, dynamische Konkurrenz entstanden, die bisher selbstbewusst genug war eigenständig zu handeln.

Die NPD ist führend dabei

Die Hamburger NPD, nach Wahlschlappen und dem Tod von Jürgen Rieger schwer angeschlagen, ist bei der Vorbereitung des TDDZ federführend dabei. Auf ihrer Homepage hält sie sich allerdings, verglichen mit HNK/WWT und dem Kameradenkreis „Neonazis in Hamburg“ eher zurück. Dies ist sicherlich auch em Umstand eines in Diskussion befindlichen NPD-Verbotes geschuldet, und der Tatsache, dass die Homepage eine nach deutschem Presserecht verantwortliche Person hat; im Gegensatz zu den beiden anderen Netzseiten, uf welchen anonym gehetzt werden kann, weil die Server im Ausland liegen. Der Verantwortliche der Hamburger NPD-Seite ist der Altonaer Thorsten Schuster. Er ist gleichzeitig auch Anmelder des geplanten Naziaufmarsches am 2. Juni in der Hamburger Innenstadt. Der 47-jährige kandidierte schon mehrfach für die NPD und ist aktuell im Landesvorstand der Hamburger Truppe. Der Webdesigner betreibt außerdem einen eigenen Blog unter wechselndem Namen, auf dem er rassistische und neuheidnische Artikel veröffentlicht.

Doch Schuster ist nicht der einzige Kader der NPD, welcher im Hintergrund für den Aufmarsch die Strippen zieht. Laut Inlandsgeheimdienst gehören auch der Hamburger NPD-Vorsitzende, Torben Klebe und sein Stellvertreter Thomas Wulff dazu. Beide sind einschlägig vorbestraft und kommen aus inzwischen verbotenen Nazi-Organisationen. Aus ihrer Zeit als Führungspersonen der Kameradschaftsszene, dürften noch ihre Kontakte zu Dieter und Ricarda Riefling gehören, die auch zum Vorbereitungskreis TDDZ gehören. Dieter Riefling ist ebenfalls u.a. wegen Körperverletzung, Aufstachelung zum Rassenhass und Volksverhetzung vorbestraft. Außerdem bekam er 1999 fünf Jahre auf Bewährung wegen Fortführung der 1995 verbotenen „Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei“ (FAP).

Neonazis im Blickfeld der Behörden

Die Razzien vom Freitag, so las man in der Presse, sollten vor allem der Strafverfolgung dienen und neue Ermittlungserkenntnisse bringen. Ersteres wird wohl kaum spürbare Konsequenzen für die Nazis haben (s.u.) und Letzteres stimmt eher nachdenklich. Wenn die Vertreter der Sicherheitsbehörden auf ihrer Pressekonferenz erläutern, die Razzien hätten stattgefunden, weil man bisher keinen Einblick in diese Teile der Szene habe, so ist das eigentlich ein Offenbarungseid. Wenn Polizei und Verfassungsschutz, trotz geheimdienstlicher Mittel, inklusive V-Leuten, Internet- und Telefonüberwachung noch nach Monaten des Treibens von „Unsterblichen“ und HNK-WWT weitgehend ahnungslos sind, so fragt man sich zum wiederholten Male, warum die gleichen Behörden so vehement ihre gescheiterte (V-Mann-) Praxis verteidigen.
Die von einem großen Medien-Echo begeleiteten Razzien - BILD-Hamburg war live bei einer Hausdurchsuchung dabei - sollen vielmehr das arg ramponierte Image der Sicherheitsbehörden, allen voran des Verfassungsschutzes verbessern. Angesichts der Verstrickung von deutschen Geheimdiensten mit der Naziszene, des Versagens bezüglich des Terrornetzwerkes NSU und eines ins Haus stehenden Aufmarsches von bis zu 1.000 Neonazis, müssen polizeilicher Staatsschutz und Geheimdienst der Öffentlichkeit dringend beweisen, dass sie es ernst mit der Bekämpfung des Neofaschismus meinen.

So wurde schon am 21. Januar ein konspirativ über Telefon organisiertes Treffen zur Vorbereitung des TDDZ von Polizei und Verfassungsschutz verhindert. Die Neonazis, darunter auch die Hamburger NPD, hatten ein Vereinshaus eines Kleingartens als Treffpunkt gewählt. Das ist zwar seit Jahren gängige Praxis bei Hamburger Nazis, auch Parteitage der NPD fanden schon so statt, und es ist auch den Hamburger Behörden seit Jahren bekannt. Erstmals wurden nun jedoch im Vorfeld die Vermieter durch die Behörden über die Hintergründe informiert und nicht der Ahnungslosigkeit überlassen. Das Treffen, auf dem eigentlich Thomas Wulff und Dieter Riefling sprechen sollten, wurde verhindert, die Personalien der eintreffenden Neonazis von der Polizei aufgenommen. Die Exekutive wird es wahrscheinlich auch weiterhin den Neonazis schwer machen, ihren Aufmarsch in Hamburg vorzubereiten, ihnen Stolpersteine in den Weg legen. Und das ist gut so. Verlassen kann sich die antifaschistische Bewegung auf ein Verbot oder Ähnliches trotzdem nicht. Denn die Gerichte haben in der Vergangenheit immer wieder, trotz breitem, zivilgesellschaftlichem Widerstand und gegen den Willen des politischen Establishments, Aufmärsche genehmigt, welche die Polizei dann durchsetzen musste.

Auch bezüglich der jüngsten Razzien u. a. gegen Mitglieder des HNK/WWT werden die Konsequenzen wohl eher gering sein. Allenfalls Verstöße gegen das Versammlungs- und Uniformverbot durch die „Unsterblichen“ werden wohl vor Gericht zu ahnden sein - wenn überhaupt. Ein Prozess gegen mehrere Angehörige der „Weißen Wölfe Terrorcrew“ wegen Volksverhetzung vor dem Amtsgericht Wandsbek wurde laut Informationen des „Hamburger Bündnis gegen Rechts“ erst Anfang des Jahres ohne einen einzigen Prozesstag eingestellt. Vertrauen auf die eigene Kraft und in die Organisierung eines breiten Bündnisses, welches den Naziaufmarsch am 2. Juni auf der Straße verhindert, ist also angebracht.

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