Wie mehrere Medien berichten gibt es seit ein paar Tagen einen neuen (virtuellen) Auftritt der rassistischen Identitären in Hamburg. Falsch ist jedoch, dass sich die Identitären erstmal in Hamburg gegründet hätten. Es gab schon 2013/14 eine eigenständige Gruppe der Identitären Bewegung in der Stadt, welche damals auch einige Aktionen in der
Öffentlichkeit durchführte. Schon damals rekrutierten sich die Hamburger Identitären zu guten Teilen aus der extremen Rechten, z.B. machte ein ehemaliger Aktivist der Jungen Nationaldemokraten, der Jugendorganisation der NPD bei ihnen mit. Viele Aktivisten kamen aus dem Hamburger Umland, es gab damals aber auch Versuche an der Universität
Fuß zu fassen.
Letztlich führte antifaschistischer Widerstand und das Enthüllen der Mitgliederstruktur der Hamburger Identitären zu deren Auflösung. Gerade dieses Beispiel zeigt, wie wichtig eine eigenständige antifaschistische Praxis ist, welche sich nicht auf staatliche, Einschätzungen verlässt. So gibt es z.B. Anzeichen dafür, dass wohl auch in Hamburg Verbindungen zwischen Identitären und der Jungen Alternative, der Jugendorganisation der AfD bestehen. Hierzu schweigt allerdings der Hamburger Inlandsgeheimdienst. Wirklich brisant ist jedoch die Nähe zu einem
Portal, welches zu massiver Gewalt aufruft.
Seit 2015 wieder vermehrt aktiv.
Seit dem Sommer 2015 sind die jugendlichen Islamfeinde wieder verstärkt in Hamburg aktiv, Berichte über eigene Aktivitäten wurden bisher regelmäßig auf der FB-Seite der IB Niedersachsen bzw. IB Großraum Lüneburg gepostet. Spektakulärste Aktion war die kurzzeitige Besetzung der SPD-Zentralen in Hamburg und Berlin im Sommer 2015, über die bundesweit in den Medien berichtet wurde. Seit Entstehung der IB in Hamburg bzw. Niedersachsen sind Kontakte in die extreme Rechte bekannt, der Inlandsgeheimdienst aus Niedersachsen beobachtet die IB seit Anfang
2014. Es gibt Anzeichen dafür, dass die jungen AktivistInnen der IB Niedersachen inzwischen Abitur gemacht haben und nun an Hamburger Hochschulen studieren. So wurde schon im Frühjahr dieses Jahres die Gründung einer Hochschulgruppe auf der Facebookseite der IB Niedersachsen angekündigt.
Identitäre und Germania
Seit Gründung der IB lassen sich aber auch enge Kontakte der IB ins Milieu der Neuen Rechten und zu Studentenverbindungen in Hamburg nachweisen. Vorbild und Impulsgeber für die Identitären im deutschsprachigen Raum war die französische Genération identitaire, welche sich 2012 mit einer „Déclaration de guerre“ per Video meldete. Die Hamburger Burschenschaft Germania (HBG) verlinkte diese Kriegserklärung an die liberale Gesellschaft im Oktober 2012 mit dem Kommentar „Großartig!“ Vor diesem Hintergrund verwundert es wenig, dass
besagte Burschenschaft nun im November 2015 der IB ihr Haus für ein Treffen zur Verfügung stellte. Und ebenso wenig verwundert, dass im Stadtteil Winterhude, wo das Germanenhaus liegt, vermehrt Aufkleber und
Schmierereien der IB auftauchten, was diese auch stolz auf ihrer Seite postete.
Eine personelle Verbindung gibt es über Moritz Schellenberg. Er kommt ursprünglich aus Berlin, wurde dort 2015 als Schatzmeister der Jungen Alternative (JA) angegeben, schrieb für den neurechten Blog Blaue Narzisse und war in Berlin für die Identitären aktiv. Aktuell ist Schellenberg Aktiver bei der HBG. Bei den Hamburger Identitären mischt
auch die Tochter eines Alten Herren der Germania mit, welche momentan noch zur Schule geht.
Ein Prozent mit Molotow-Cocktails?
Im Haus der Burschenschaft sollte Anfang Dezember 2015 auch einer der intellektuellen Vordenker der Identitären, Götz Kubitschek von der neurechten Zeitschrift Sezession vortragen. Der jetzige Pegida-Redner und Berater reiste 2012 extra nach Frankreich um die dortigen Ursprünge der Identitären zu studieren und die Strömung in Deutschland bekannt zu machen. Sein Referat bei Germania zu einer neuen Kampagne namens „Ein Prozent für unser Land“, musste allerdings aus Krankheitsgründen ausfallen. „Ein Prozent“ empfahl auch die IB Lüneburg mit den Worten
„Sie planen einen bürgerlichen Protest? Wir vernetzen mit Gleichgesinnten aus der Region ...“, und führte zum Thema im Frühjahr einen Stammtisch unter dem Motto „Mut zum Widerstand“ durch.
Die Kampagne
Ein Prozent möchte gerne so etwas wie eine rechte NGO werden und vergleicht sich mit Initiativen wie Greenpeace. Ein Prozent der Bevölkerung seien notwendig um zu einer politisch machtvollen Bewegung zu werden, wenn ein Prozent der Bundesdeutschen spenden würden, könne die rechte Graswurzelrevolution finanziert werden. Die IB bekam laut Medienberichten von Ein Prozent schon eine Spende von mehr als 10.000 Euro. Auf der eigenen Homepage präsentiert man eine interaktive Karte wo "vorbildliche Aufklärungs- und Widerstandprojekte" vorgestellt
und vernetzt werden. In den meisten Städten werden Ortgruppen der Identitären vorgestellt, klickt man auf die Karte. Bei Hamburg, wo es diese in den letzten zwei Jahren nicht gab, landet man bei dem Projekt "Revolte auf Beton - Gemeinschaft durch Tatwille", welches mit dem großem Bild eines Molotow-Cocktail werfenden Aktivisten und Gewalt
verherrlichenden Texten wirbt. So kurz ist der Weg vom intellektuellen Neurechten zum militanten Neonazi.
Hamburger Bündnis gegen Rechts