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AfD-Kandidat bei Geschichtsrevisionisten?

Erst im Juli hatte der Bundestags-Direktkandidat aus Hamburg-Mitte Kay
Gottschalk, gleichzeitig zweiter Landessprecher, bei einem schwarz-braunen
Zirkel namens Konservativ-Freiheitlicher Kreis Hamburg (KFK) die Partei
präsentiert und stand im Anschluss zu allen Fragen Rede und Antwort. Der
KFK hatte allerdings auf der vorhergehenden Veranstaltung auch Wolfram
Schiedewitz, einem üblem Geschichtsrevisionisten, ein Podium geboten. Über
dessen Verein Gedächtnisstätte e.V. schreibt der niedersächsische
Verfassungsschutz, er veranstalte „Vortragsveranstaltungen mit Zeitzeugen
und Historikern, darunter bekennende Revisionisten und Holocaustleugner.“
Nun soll Kay Gottschalck erneut vor einem rechten Publikum referieren. Er
ist für den 3. September eingeladen bei der Staats- und
Wirtschaftspolitischen Gesellschaft e.V. (SWG) zum Thema „Was ist die
Alternative für Deutschland?“ zu sprechen.

Gesellschaft mit nationalsozialistischen Wurzeln

Die SWG wurde 1962 unter Mitwirkung von ehemaligen Aktivisten des Dritten
Reichs gegründet. Jahrelang war Hugo Wellems, ehemaliger Referent im
Propaganda-Ministerium von Joseph Goebbels, Vorsitzender der
Bildungsvereinigung. Die SWG macht regelmäßig Veranstaltungen für ein
Spektrum vom rechten Rand der CDU bis hin zum Neofaschismus. Im Laufe der
50-jährigen Vereinsgeschichte referierten und engagierten sich hier
ehemalige Angehörige von NSDAP, SA und SS, Vertriebenenpolitiker,
Vordenker der sog. Neuen Rechten und Personen die von den
Inlandsgeheimdiensten als rechtsextremistisch eingeordnet werden, aber
auch Funktionäre und Mitglieder aus den Unionsparteien und dem
konservativen Establishment. Thematische Schwerpunkte waren u. a. die
Leugnung der deutschen Schuld am Zweiten Weltkrieg, die „Ehrenrettung“ von
Wehrmacht und Waffen-SS und die Rückgewinnung der ehemaligen deutschen
Ostgebiete.

Der Vorsitzende relativiert NS-Unrecht

Aktueller Vorsitzender der SWG ist der Jurist Prof. Menno Aden, ebenfalls
seit Jahren in der extremen Rechten aktiv. Aden wurde 2009 eine
Honorar-Professur an der TU Dortmund verweigert, u.a. weil er in der
völkischen Zeitung Junge Freiheit veröffentlicht hatte. Schwierig
gestaltete sich auch Adens frühere Tätigkeit als Präsident des
Landeskirchenrates in Mecklenburg-Vorpommern. Erst 2009 hatte Aden in
einem Aufsatz Adolf Hitler als einen „Verkünder des Evangeliums vom Recht
aller Nationen“ bezeichnet . Zum Auschwitzgedenktag am 27. Januar 2011
schrieb Aden bezüglich der sechs Millionen ermordeten Juden: „Seriöse
Historiker nennen heute ganz andere Zahlen, man traut sich nur nicht, sie
entgegenzuhalten ... denn sie sind geradezu strafbar gering.“
In einem Aufsatz über Franz Schlegelberger, zeitweilig Leiter des
NS-Justizministeriums, versucht Aden den Juristen zu rehabilitieren.
Schlegelberger wurde als ranghöchster Angeklagter in den Nürnberger
Juristen-Prozessen zu lebenslanger Haft verurteilt. Doch SWG-Vorsitzender
Aden verteidigt nicht nur diesen „furchtbaren Juristen“ sondern behauptet
sogar in seinem Aufsatz: „Es wird hier die Aussage gewagt, dass es im
Dritten Reich kein Gesetz gab, welches vom Wortlaut her im Sinne des
damaligen Verfassungs- oder humanitären Völkerrechts rechtswidrig war.“
Auch das SWG-Vorstandsmitglied Reinhard Uhle-Wettler ist durch
Relativierungen von NS-Verbrechen aufgefallen. So preiste er in einer
Rezension den LeserInnen der SWG-Zeitschrift Deutschland Journal folgenden
Satz als höchst empfehlenswert: „Nur eins ist gewiß: die barbarische
Ausrottung der Juden durch Hitler wurde übertroffen durch die Ausrottung
der Deutschen von der Hand der ‚demokratischen, friedliebenden’ Mächte der
Vereinten Nationen.“ Thomas Pfeiffer, wissenschaftlicher Mitarbeiter des
Verfassungsschutzes in Nordrhein-Westfahlen schreibt Uhle-Wettler sei “an
Aktivitäten des intellektuellen Rechtsextremismus beteiligt.“

Forum für extrem rechte ReferentInnen

Der Hamburger Rechtsextremismusexperten Prof. Wolfgang Gessenharter
spricht von der SWG als einem „wichtigen Scharnier zwischen Konservatismus
und Rechtsextremismus.“ Der Hamburger Verfassungsschutz wusste schon 1999
gegenüber dem Hamburger Abendblatt von „personellen Überschneidungen zu
rechtsextremistischen Organisationen“ bezüglich der SWG zu berichten. Erst
im März 2011 wurde Gisa Pahl, eine der wichtigsten AnwältInnen der
Naziszene, von der SWG eingeladen. Sie verteidigte den ehemaligen
NPD-Vorsitzenden Udo Voigt, den Hamburger Vorsitzenden der
SS-Veteranenorganisation HIAG Franz Schmitz und die Jungen
Nationaldemokraten (JN) vor Gericht; sie gründete das Deutsche Rechtsbüro,
eine Art Rechtsberatung für Neonazis und berät Rechtsrockbands wie diese
ihre Texte entschärfen müssen, um gerade noch am Index vorbei zu kommen.
So hatte Frau Pahl auch das Lied „Döner- Killer“, in dem die Mordopfer des
NSU verhöhnt werden, für rechtlich einwandfrei befunden. 2012 unterstützte
sie Hamburger Neonazis und vertrat die Organisatoren des Nazi-Aufmarsches
zum „Tag der deutschen Zukunft“ vor Gericht. Als „internationale Größe des
Rechtsextremismus“ bezeichnet der Hamburger Verfassungsschutz gar den
SWG-Freund Wjatscheslaw Daschitschew. Die Gesellschaft veröffentlichte
schon 2004 einen Artikel von ihm und den Russen 2008 zu einem Vortrag ein
. Nach Protesten wurde Daschitschew allerdings kurzfristig wieder
ausgeladen.

Fehlende Distanz der Alternative für Deutschland

Immer wieder fällt die AfD auch in Hamburg durch fehlende Abgrenzung nach
rechts auf. Auf ihrer Demonstration am 17. August konnte mitmarschieren
wer wollte, einer kam in Kleidung von Thor Steinar, einer bei Neonazis
sehr beliebten Marke. Zum zweiten Mal will Kandidat Kay Gottschalck nun
bei einer Institution der extremen Rechten um Stimmen für den Einzug in
den Bundestag werben. Ein Blick bei google hätte genügt um zu wissen, von
wem man da eingeladen wurde. Im Wahlkampf 1999 lud die SWG schon ein mal
einen Rechtspopulisten zu einer Veranstaltung ein. Richter „Gnadenlos“
Ronald Schill sollte zu „Problemen des Rechtsstaates“ referieren. Erst
als die Einladung öffentlich wurde, sagte Schill kurzfristig ab. Und so
wird es wahrscheinlich auch die AfD machen, man hofft, dass die
Verbindungen nach Rechtsaußen unbemerkt bleibt, ansonsten behauptet man
mal wieder von allem nichts gewusst zu haben.

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