Im Oktober letzten Jahres berichteten NDR und andere Medien nach einer Pressemitteilung von uns über Jan Ganschow, damals Regierungsdirektor im Verteidigungsministerium und seine Karriere bei der neofaschistischen Hamburger Burschenschaft Germania. (HBG) Nun machen wir einen weiteren Fall öffentlich, den die Geheimdienst des Landes Hamburg (LfV) und der Bundeswehr (MAD) offensichtlich verschlafen haben.
Marko B. ist im Verteidigungsministerium in der Abteilung SE III (Hilfeleistung der Bundeswehr im In- und Ausland) als höherer Beamter tätig. Besonders brisant, sein Referat ist auch für den umstrittenen Einsatz des Militärs im Inneren zuständig. Laut uns vorliegenden Unterlagen war Marko B. im Jahr 2000 Sprecher der HBG und tauchte im Mai 2015 auf genau jener „Bierliste“ der Germania auf, die auch seinem Burschenbruder Ganschow zum Verhängnis wurde. Damals stand die schlagende Verbindung aus der Sierichstraße schon unter Beobachtung des Hamburger Verfassungsschutzes.
Die 2015 erfolgten Austritte des Ehrenvorsitzenden des Hamburger Reservistenverbandes Roman-Stefan Schmid und des Alten Herren Stefan S., der um seinen Job als Marine-Arzt fürchtete, aus der HBG waren für B. offenbar kein Anlass sein Engagement für die Kaderschmiede der Neuen Rechten in Hamburg zu überdenken. Unterlagen die uns vorliegen, lassen vermuten, dass der Beamte noch im September 2020 Mitglied der HBG war. In dieser pflegte der Militär früher ganz rechte Kontakte. Er war 2006 sog. Leibbursche, also engster Vertrauter und „persönlicher Erzieher“ des ehemaligen Soldaten der Krisen-Reaktions-Kräfte Andre K., der damals nicht nur Mitglied der Germania war, sondern 2007 auch Funktionär der Hamburger NPD. Wir haben als HBgR den Beamten Marko B. mittels Mail an seine private und an seine Dienstadresse am 27. Februar 2021 mit Fristsetzung für den 10. März 2021 mit den Recherchen konfrontiert und um Stellungnahme gebeten. Bisher blieb jegliche Antwort aus.
Frühwarnsystem der Demokratie im Tiefschlaf
Es ist nicht verwunderlich, dass die braunen Burschen der HBG ihre vielfältigen Verstrickungen mit der Bundeswehr vertuschen oder verschweigen wollen. Äußerst bedenklich stimmt jedoch, dass all die hier aufgeführten Fälle bisher anscheinend an den Geheimdiensten vorbei gingen. Genauso ahnungslos war der Hamburger Verfassungsschutz auch, als wir die zunehmende Bewaffnung, auch mit automatischen Schusswaffen, der Germanen im Juli letzten Jahres öffentlich machten.
Die Wehrbeauftragte des Bundestags Eva Högl (SPD) hatte vor einem Monat ihren Jahresbericht zur Lage der Bundeswehr vorgestellt und im vergangenen Jahr 843 rechtsextremen Verdachtsfällen unter Soldaten, eine deutliche Steigerung zu den 592 Fällen ein Jahr zuvor, festgestellt.
Laut diesem hat der MAD hat vor allem den Bereich Neue Rechte im Blick, eine „heterogene Strömung, die wesentlich durch die Relativierung des Rechtsextremismus und das Verweisen auf Gemeinsamkeiten mit dem rechten demokratischen Rand“ gekennzeichnet sei. Für Hamburg scheint das fraglich, gilt die Germania doch seit Jahren als prominentestes Beispiel für eine intellektuelle Neue Rechte.
Felix Krebs vom HbgR: „Die Hamburger Schlapphüte haben schon in der Bürgerschaftsdrucksache 22/735 zugegeben, dass Ihnen die nötige Einblickstiefe in die Germania fehlt. Sie scheinen aber augenscheinlich noch nicht mal öffentlich zugängliche Dokumente dieser braunen Burschenschaft auszuwerten und an den MAD weiterzuleiten. Oder wie sonst konnte die Einstellung und andauernde Beschäftigung von Marko B. und Jan Ganschow im Ministerium erfolgen? Der Geheimdienst erweist sich ein weiteres Mal als überflüssig, dringend notwendig bleiben hingegen kritische journalistische und antifaschistische Recherchen.“
Hamburger Bündnis gegen Rechts