Das Hamburger Bündnis gegen Rechts (HBgR) hat in der heutigen konstituierenden Bürgerschaftssitzung gegen den Einzug des Abgeordneten Benjamin Mennerich protestiert, da er 2020 von eigenen Parteimitgliedern glaubhaft der Relativierung des Holocausts bezichtigt wurde. Benjamin Mennerich nahm außerdem an den berüchtigten „Merkel-muss-weg-Aufmärschen“ teil, wie uns vorliegende Fotos belegen. Aufmärsche, über die der Verfassungsschutz sagte, die Organisatoren würden sich nicht einmal mehr darum bemühen zu verschleiern, dass die Anmelder Rechtsextremisten sind. Wir finden es unerträglich, dass ein Mann, der in der eigenen Partei der Relativierung des Holocaustes bezichtigt wird und mit Neonazis marschierte, nun in der Hamburgischen Bürgerschaft sitzt.
Die Causa Mennerich reit sich ein in die Relativierung des Nationalsozialismus durch führende AfD-Politiker*innen, das Leugnen und Umdeuten historischer Verbrechen. Für den Ehrenvorsitzenden Alexander Gauland war der NS bekanntlich nur ein „Vogelschiss“, für den Thüringer AfD-Chef Björn Höcke ist das Holocaust-Mahnmal ein „Denkmal der Schande“ und für die AfD-Chefin Alice Weidel war Adolf Hitler ein Kommunist. Und in Hamburg sei an das NS-Liederbuch „Schlachtruf“ des AfD-Vize Alexander Wolf erinnert.
AfD-Mitarbeiter verliert Eilverfahren gegen das HBgR
In der Hochphase des Bundestagswahlkampfes 2021 schrieb das HBgR am 24. Juni. 2021 in einer Pressemitteilung: „Parteiintern werden Benjamin Mennerich noch wesentlich schlimmere Dinge vorgehalten. Wir und verschiedene Medien erhielten in den letzten Monaten ausführliche Dossiers von Dissidenten in der Partei. Die taz schrieb daraufhin über Mennerich: ‚Der ehemaligen Berufssoldat der Luftlandeaufklärungskompanie 310 aus der Fallschirmjägerkaserne Seedorf soll mehrfach angezweifelt haben, ob der Holocaust jemals stattgefunden habe.'“
http://www.hbgr.org/7320-bezirksamtsleiter-sprechstunde-mit-einem-rechtsextremisten-und-holocaustleugner
Das Zitat war aus der taz vom 6. Februar 2021. https://taz.de/Interner-AfD-Streit-ueber-Antisemitismus/!5749268/ Die schriftlichen, detaillierten Aussagen der zwei damaligen AfD-Mitglieder Filip G. und Christian P., auf denen die Berichterstattung der taz über die Holocaust-Relativierung gründete, liegen uns ebenfalls seit Februar 2021 vor. (siehe Anlage) Der taz-Artikel ist bis heute abrufbar, wie 2021 erschienen.
Da unsere PM allerdings im Wahlkampf erschien, erhielten wir binnen Tagen eine Abmahnung von dem Anwalt Mennerichs, Dr. Matthias Brauer, wegen angeblich „unwahrer Tatsachbehauptung“ im Eilverfahren. Da wird die beiden AfD-Zeugen für glaubwürdig halten, entschlossen wir uns nach Rücksprache mit unserem Anwalt die beigefügte Unterlassungserklärung nicht zu unterzeichnen und ggfs. in die gerichtliche Auseinandersetzung zu gehen.
Mit diesem Widerstand eines kleinen, ehrenamtlich arbeitenden Bündnisses hatten Mennerich und seine Partei offensichtlich nicht gerechnet. Mit einem Mal hatten es der damalige Fraktionsmitarbeiter und sein Anwalt gar nicht mehr so eilig, die unliebsame Berichterstattung zu unterdrücken. Erst nach mehrmaliger Aufforderung durch das Hamburger Landgericht und mehr als fünf Wochen, lieferten die Beiden die erforderlichen Unterlagen. Letztlich zu spät für ein Eilverfahren, wie das Gericht am 20. September 2021 entschied: „Der Antrag vom 22.07.2021 auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens nach einem Streitwert von 10.000 Euro zu tragen:“ (Az.: 324 O 339/21)
Weitere Indizien
Die schriftlichen Aussagen (Anlage) von Filip G. und Christian P. sind nicht nur detailliert, mit Ortsangabe und genaueren Angaben zu den Umständen der Holocaust-Relativierung. Wir halten die Zeugen auch für glaubhaft, weil der eine Jude ist und für die Gruppierung „Juden in der AfD“ aktiv war. Und der Andere laut eigenen Angaben Lehrer ist und eine Reise mit Schüler*innen zu dem KZ Auschwitz gemacht hatte.
Benjamin Mennerich hingegen gilt als Zögling des umstrittenen Fraktions-Geschächtsführers Thorsten Prenzler, der selbst ein rechtskräftig verurteilter Betrüger ist.
https://www.abendblatt.de/hamburg/article206920389/AfD-Aerger-um-Geschaeftsfuehrer-in-der-Buergerschaft.html
Immer wieder gibt es Aussagen von AfD-Mitgliedern oder Abtrünnigen, dass Prenzler um des eigenen Vorteils willens ihm ergebene Mitarbeiter*innen um sich schare und dies auch gegenüber der Fraktion durchsetzen könne. Auch über den Vorgang Mennerich wurde die gesamte Fraktion der AfD schon 2020 unterrichtet, dieser letztlich jedoch weiter geduldet.
Ein weiterer AfD-Funktionär, der wegen der Holocaust-Relativierung Mennerichs und der schützenden Hand von Prenzler rebellierte, ist Dr. Sascha H. Er war Vorstandsmitglied der AfD-nahen Hamburger „Desiderius-Erasmus-Stiftung“, deren Vorsitzender Prenzler seit Jahren ist. In seinem Austrittsschreiben an die DES schrieb Dr. H. 2021: „Als ich hörte, dass Herr Prenzler einen mutmaßlichen Holocaust-Relativierer in der Fraktion deckt, der rein zufällig als sein treuer Erfüllungsgehilfe bekannt und von ihm als Bezirksabgeordneter in Mitte sowie als Listenkandidat für die Bürgerschafts- und Bundestagswahlen aufgestellt worden ist, war für mich das Ende der Fahnenstange erreicht.“
Auch der Anwalt von Herrn Mennerich ist kein unbeschriebenes Blatt: Er war 2007 bei der Burschenschaft Marchia Bonn „ausgeschlossen worden, weil er im Garten des Verbindungshauses unter 'Hail White Power'-Rufen ein selbstgezimmertes Holzkreuz abgefackelt hatte – in Amerika ist das eine Zeremonie des Ku-Klux-Klan.“ https://www.fr.de/politik/offiziell-rechtsextrem-11323313.html Auch als Anwalt bedient sich Brauer fragwürdiger Praktiken. https://taz.de/taz-Recherche-zu-Leak-sensibler-Daten/!5845365/
Felix Krebs vom Hamburger Bündnis gegen Rechts: “Wir halten die Vorwürfe der Herren, G. P. und H. weiterhin für glaubwürdig und stehen zu unserer Berichterstattung. Dass die AfD-Fraktion sich trotz der innerparteilichen und öffentlichen Vorwürfe vor Herrn Mennerich stellt und er nun sogar in die Bürgerschaft einziehen konnte, ist ein Skandal.“
Hamburger Bündnis gegen Rechts