Von Felix Krebs
Der 37-jährige Matthias Faust aus Hamburg wurde am 11. Januar zum neuen Bundesvorsitzenden der neofaschistischen DVU gewählt. Dr. Gerhard Frey, der kurz vor seinem 76sten Geburtstag steht, trat angeblich aus Alters- und Krankheitsgründen zurück. Stellvertretende Bundesvorsitzende wurden der Rechtsanwalt Ingmar Knop, Dr. Thomas Mehnert und der altgediente Hans Weidenbach. Gerhard Frey hatte die DVU ursprünglich als überparteiliche Sammlungsbewegung 1971 gegründet und 1987 in eine Partei überführt. Die DVU war bisher eine Phantompartei mit einem sehr kleinen Funktionärsanteil, in totaler politischer und finanzieller Abhängigkeit von Gerhard Frey und bestand im Wesentlichen aus den LeserInnen der altbackenen Nationalzeitung. Bemerkenswert ist es, dass Frey keinen alten Kampfgefährten wie Sven Eggers, Hans Weidenbach oder Bruno Wetzel intronisierte, sondern auf den Newcomer Faust zurückgriff.
Matthias Faust – Bäumchen wechsel dich
Matthias Faust ist erst seit dem Wahlkampf zur Bürgerschaftswahl 2008 in Hamburg DVU-Mitglied. Der Spitzenkandidat zur Bürgerschaftswahl, hatte noch 2005 Frey und die DVU heftig kritisiert und war bis November 2006 „Aufbaubeauftragter" eines neu zugründenden Landesverbandes der Republikaner gewesen. Der alte Hamburger REP-Verband hatte sich Anfang 2005 in die NPD aufgelöst. Als der REP-Landesverband Bremen im Herbst 2006 zu einer Antifa-Demo aufrief, wechselte Faust ebenfalls zur NPD. Da er hier aber die ehemalige NPD-Landesvorsitzende Anja Zysk unterstützte, musste er im Frühjahr 2007 austreten. Nach gut einem Jahr DVU-Mitgliedschaft wurde er nun vor kurzem außerdem Landesvorsitzender der Hamburger DVU.
Seit der Bürgerschaftswahl hat sich das Verhältnis von Matthias Faust zur NPD und zu den Freien Nationalisten wieder deutlich entspannt. Über Torsten de Vries, einem militanten Neonazis mit dem er damals Streit hatte, schreibt er z.B.: „Friese ist ein guter und ehrlicher Kamerad, auf den man sich verlassen kann.“ Und umgekehrt gratulierte ihm jener zur Wahl zum Bundesvorsitzenden. Ein besonders gutes Verhältnis pflegt Faust aber zu Christian Worch, der ihn schon seit Ende 2006 unterstützt. Erst im November 2008 nahmen beide an einem Aufmarsch im niedersächsischen Esens teil.
Eine gute Beziehung hat Faust auch wieder zur örtlichen NPD unter Jürgen Rieger. Der neue DVU-Chef nahm im letzten Jahr nicht nur am Bundesparteitag der NPD und dem Naziaufmarsch am 1. Mai teil, sondern machte mehrere Saal-Veranstaltungen mit Funktionären der NPD. Die Beziehungen des eloquent und sympathisch wirkenden gelernten Versicherungskaufmanns (früher bei der Hamburg-Mannheimer) sind in Hamburg und wahrscheinlich auch darüber hinaus sehr gut.
Ein Wandel bei der DVU?
Es ist sicherlich schwierig jetzt schon sichere Prognosen über die Zukunft von Faust und der DVU abzugeben. Viele Beobachter und auch viele Neonazis glauben aber, dass unter Faust eine Annäherung an die NPD und die Kameradschaftsszene stattfindet. Was sind also die Ausgangsbedingungen.
1. Die DVU war immer bei Gerhard Frey hoch verschuldet – dies erhielt die Abhängigkeit von seiner Person. Ein Putsch war damit fast ausgeschlossen.
2. Die DVU ist eine Phantompartei ohne aktive Mitglieder und mit sehr wenigen Funktionären. Es gibt keine Schulungen, kein Parteileben, kein offizielles Parteiorgan – die Nationalzeitung gehört Frey.
3. Bis nach der Bundestagswahl im September ist die DVU im Deutschlandpakt mit der NPD verbunden. Die Wahlabsprachen dürften bleiben – nur in Thüringen tritt nun die NPD statt der DVU an.
4. Das Funktionärspersonal bleibt auch nach dem Parteitag dasselbe wie unter Frey. Die, im Vergleich zur NPD biedere, auf ein konservatives Image bedachte Basis, natürlich auch.
Matthias Faust muss also zu erst sehen wie er zu Geld kommt. Kann er keine neuen Ressourcen erschließen, dann bleibt die DVU eine Phantompartei. Wahrscheinlich wird sie dann sogar schnell weiter Mitglieder verlieren – sie ist jetzt schon vollkommen überaltert. Bekommt die DVU weiterhin Geld von Frey oder dessen Erben, so bleibt die Abhängigkeit. Ein Bündnis unter Einschluss der radikalen Kräfte aus den Kameradschaften ist dann aber unwahrscheinlich. Auch wenn Faust sich momentan noch alle Optionen offen halten kann und will.
Es bleibt also die weitere Annäherung an die NPD, wohlmöglich sogar mittelfristig eine Fusion der beiden Parteien, ohne die extreme NS-Szene. Unter dem jetzigen Vorsitzenden Voigt wäre dieses ebenso möglich, wie auch unter einem neuen wie Andreas Molau. Nur mit dem NS-Apologeten und Choleriker Jürgen Rieger als NPD-Vorsitzendem gäbe es wahrscheinlich Probleme. Allerdings wird Rieger im April, trotz seines Geldes, wohl auch kaum zum neuen NPD-Vorsitzenden gewählt.
Die Schlimmste Variante wäre sicherlich, wenn NPD und DVU eine gemeinsame Partei bilden und ein Teil des Frey´schen Vermögen zur Finanzierung dient. Selbst wenn dann einige neonazistische Kameradschaften die „Volksfront“ aufkündigen würden, würde damit auch im Westen der BRD die neofaschistische Formierung eine neue Qualität bekommen.