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Innensenator in spe Vahldieck und noch eine schlagende Verbindung

Felix Krebs

Nicht nur der designierte Bürgermeister Christoph Ahlhaus war in waffenstudentischen Kreisen aktiv, auch sein möglicher Nachfolger als Innensenator, Heino Vahldieck (CDU), hat  Kontakte in das Lager der schlagenden Verbindungen. Er drückt auch gerne mal das rechte Auge zu, obwohl er seit Jahren Leiter des Verfassungsschutzes in Hamburg ist.
Schon Vahldiecks Berufung ins Amt des obersten Geheimdienstlers hatte weniger mit entsprechender Kompetenz, als vielmehr mit dem passenden Parteibuch zu tun. Das Hamburger Abendblatt schrieb 2002 von Filz, der nur die Farbe ändere und bemängelte eine Berufung „ohne jegliches Auswahlverfahren“.  Und so lässt sich Vahldieck bei diversen Gelegenheiten auch lieber von seinem Vize Manfred Murck vertreten, um nicht zu viel Unsinn zu verbreiten. Für eines sorgte Vahldieck jedoch seit 2002: Am rechten Rand der CDU, bei der so genannten Neuen Rechten und den schlagenden Verbindungen wurde die Beobachtung, auf jeden Fall aber die Berichterstattung eingestellt – sieht man mal von dem diesjährigen VS-Bericht ab, in dem man nicht umhin kam die Naziburschenschaft „Chattia Friedberg“ zu erwähnen.

Schützende Hand für Schill

Erinnern wir uns: 2001 war Ole von Beust nur mit Hilfe der rechtspopulistischen PRO-Partei unter Koks-Richter Schill an die Macht gekommen. Um Schill tummelten sich viele dubiose Gestalten, auch aus waffenstudentischen Kreisen. Richter Gnadenlos soll laut Hamburger Verbindungskreisen selbst als Jurastudent bei der „Landsmannschaft Hammonia – Marko Natangia“ aus dem Coburger Convent (CC) von Herrn Ahlhaus aktiv gewesen sein. Zum Abgeordneten machte Schill dann Christian Brandes aus der berüchtigten „Burschenschaft Germania“, die damals schon über beste Kontakte zu NPD und militanten Nazis verfügte, Vorsitzender der Jugendorganisation von PRO wurde 2004 ein weiterer Germane, Pressesprecher wurde Marc März aus der „Landsmannschaft Slesvigia Niedersachsen“ (ebenfalls CC). Auch einige ehemalige Mitglieder der extrem rechten Republikaner durften bei Schill mitmachen.

Während in den 90er Jahren unter SPD- oder SPD/GAL-Regierung Burschenschaften noch regelmäßig in den Verfassungsschutzberichten der Stadt auftauchten, 1993 gab es sogar einen geheimen Bericht zum braunen Rand der Burschen, gab es später keine Erwähnungen mehr. Diverse Bürgerschaftsanfragen verschiedener Abgeordneter wurden ausweichend beantwortet, obwohl man in waffenstudentischen Kreisen keineswegs liberaler, demokratischer oder gar feministischer geworden war.
Stattdessen machte Heino Vahldieck in seiner Eigenschaft als Chef des Geheimdienstes am 20. November 2003 einen Antrittsvortrag beim schlagenden „Corps Irminsul“, welches Mitglied im „Hamburger Waffenring“ dem Zusammenschluss der schlagenden Verbindungen ist. 2005 veranstaltete man mit den anderen Korporationen des „Hamburger Waffenringes“ einen Königsberg-Kommers, der aufgrund von gebiets- und geschichtsrevisionistischen Inhalten Gegenstand einer Kleinen Anfrage in der Bürgerschaft wurde.Bei den elitären Irminsulern war damals ein Roger Zörb Vorsitzender der Alten Herren und wichtigster Mann. Zörb ist nicht nur Funktionär der Hamburger CDU-Mittelstandsvereinigung, sondern seit langem in der schwarz-braunen Szene aktiv.

Beim braunen Parteifreund zu Gast

Zörb stammt ursprünglich aus Remscheid und betrieb dort einen „Deutschen Militärverlag“, aus dieser Zeit (1991) stammt auch sein Eintrag in das Adressverzeichnis des damaligen Obernazis Michael Kühnen. Jugendsünden könnte man meinen, schließlich fand Zörb schon früh den Weg in die CDU und wurde in den 90er Jahren wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Hamburgischen Bürgerschaft. Der angehende Anwalt abonnierte damals jedoch nicht nur die völkische Zeitschrift „Junge Freiheit“, sondern gab sich dort in einem Leserbrief als Bewunderer von Carl Schmitt, Hitlers Kronjuristen, zu erkennen und unterzeichnet bis heute fleißig Unterschriftenkampagnen der Zeitung.Besonders liegt dem CDU-Funktionär jedoch die Vereinsmeierei in diversen Vereinen die in der Grauzone zwischen Konservatismus und Neofaschismus angesiedelt sind. In einem „Bismarckbund zur Wahrung deutschen Geschichtsbewusstseins“ ist Zörb als Funktionär aktiv und leitet auch schon mal die alljährlichen Feiern in der Gruftkapelle des Alten Reichskanzlers. Der Bismarckbund, dem das undemokratische deutsche Kaiserreich mit Sozialistengesetzen, Standeswahlrecht, feudalen Privilegien und preußischem Untertanengeist näher ist, als eine demokratisch-parlamentarisch verfasste Republik, zeichnete bei solchen Feiern auch schon mal ausgewiesene Rechtsextremisten aus.Eng verbunden mit den Bismarckjüngern ist eine „Staats- und Wirtschaftspolitische Gesellschaft“ (SWG), in deren Vorstand Zörb ebenfalls 2003 saß. Als der Hamburgische Geheimdienst noch nicht von Vahldieck geführt wurde, da waren dem Amt, „personelle Überschneidungen zu rechtsextremistischen Organisationen“, bezüglich der SWG bekannt. Heutzutage schweigt man zu diesen Überschneidungen beim Verfassungsschutz und beruft sich auf angebliche Pflichten zur Geheimhaltung. Schließlich findet Multifunktionär Zörb, neben SWG und Bismarckbund, Altherrenverband und Anwaltskanzlei, CDU, Clausewitzgesellschaft und Reservistenverband auch noch Zeit für einen Verein Namens „Hamburger Essenz – Akademischer Club“. Neben weiteren Alten Herren des Corps Irminsul und einigen Bismarckjüngern saß dort 2002 neben Geschäftsführer Zörb ein Dominik Bleckmann im Vorstand. Auch dieser hatte mehrere Verpflichtungen – zwei Jahre zuvor wurde Bleckmann als Vorstandsmitglied der Hamburger NPD angegeben.
Doch nicht nur der Gastgeber von Herrn Vahldieck, auch die Referenten, die in der Vergangenheit beim Corps Irminsul vortrugen, hätten einen Geheimdienstchef aufhorchen lassen müssen.

Eine Gästeliste von NPD bis Neue Rechte

Bei der Verbindung aus der Parkallee referierten schon:
      - Menno Aden, Vorsitzender der SWG
- Ferdinand Fürst von Bismarck, Schirmherr des Bismarckbundes.
- Brigadegeneral a.D. Reinhard Günzel, der aus der Bundeswehr entlassen wurde, weil er den Antisemiten Martin Hohmann unterstützt hatte.
- Der ehemalige Chef des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) Gerd H. Komossa, der sich in der Nationalzeitung wiederholt gegen eine angebliche Diffamierung der Wehrmacht aussprach.
- Generalmajor a.D. Gerd Schultze-Ronhof, der mit seinem geschichtsrevisionistischen Buch „Der Krieg der viele Väter hatte“, durch die braune Szene tingelt.
- Brigadegeneral a.D. Reinhard Uhle-Wettler, bis 2008 Vorsitzender der SWG.
- Karlheinz Weißmann, spiritus rector der Neuen Rechten und Vordenker der Jungen Freiheit.
Sogar der NPD-Bundestagskandidat (2005) Reinhold Oberlercher, der am 1. Mai 2008 mit seiner Partei durch Hamburgs Straßen marschierte, trat schon hier auf. Er ist militant antisemitisch, verklärt unverhohlen die Nazidiktatur und stand wegen Volksverhetzung vor Gericht. Seit Jahren ist seine Tätigkeit Thema in den Verfassungsschutzberichten. Schon 1990 war Oberlercher Führer einer „Gruppe 146“, zu der der Hamburger Senat erklärte: „ In dieser Gruppe arbeiten Personen mit, die den Rechtsextremisten zugeordnet werden. Darüber hinaus findet eine enge Zusammenarbeit mit verschiedenen als rechtsextremistisch bewerteten Organisationen statt.“ Doch für den Hamburger Geheimdienst ist das Treiben im schwarz-braunen Corpshaus kein Thema, auch Ex-Polizeipräsident Udo Nagel, von Schill ins Amt geholt, referierte hier. Nur Referenten aus der Sozialdemokratie oder gar links davon wird man vergeblich in den Semesterprogrammen suchen. Soweit reicht das viel gepriesene Toleranzprinzip einer schlagenden Verbindung dann doch nicht.

Geheimdienstlicher Persilschein für einen Antisemiten

Man könnte meinen, dass Heino Vahldieck und sein Amt einfach nur wenig Einblick in die öffentlich zugänglichen Quellen über diese Vorgänge genommen hätten. Ein weiterer Vorgang lässt aber darauf schließen, dass man Kontakte nach Rechtsaußen bewusst verleugnet:Im Juni 2005 veranstaltete das Corps Irminsul anlässlich seines 125-jährigen Bestehens einen so genannten Festkommers im Hamburger Rathaus, genauer im Ratsweinkeller. Als Festredner war Konrad Löw mit dem Thema „Deutsche Identität in Verfassung und Geschichte“ geplant. Einen gleichnamigen Artikel hatte Löw ein Jahr zuvor für die Zeitschrift „Deutschland-Archiv“ der Bundeszentrale für politische Bildung geschrieben. Die antisemitischen Aussagen führten zum Eklat, die Bundeszentrale stampfte die Restauflage ein und schickte Entschuldigungsschreiben an alle schon belieferten Abonnenten. Selbst die konservative „Welt“ beurteilte Löws Auslassungen als „Ansammlung antijüdischer Klischees“. Löw suchte deshalb Unterstützung bei der neofaschistischen Nationalzeitung, der er 2004 ein ausführliches Interview gab, in dem er sich als Opfer einer „eingeschränkten Meinungsfreiheit“ inszenierte.Als die Taz nun kritisch über den geplanten Kommers berichtete, drohte wahlweise eine Ausladung von Löw oder Rausschmiss des gesamten Corps Irminsul. „Die Würde des Rathauses muss gewahrt bleiben“ befand z.b. der SPD-Abgeordnete Andreas Dressel und sein grüner Kollege Christian Maaß hielt „extremistische Töne im Rathaus, selbst im Keller, für nicht akzeptabel.“Dass Löw trotzdem noch seinen Vortrag wie angekündigt halten durfte, lag an dem Persilschein, den VS-Chef Heino Vahldieck dem antisemitischen Redner erteilte: „Hierzu wird mitgeteilt, dass nach Auskunft des Amtsleiters Verfassungsschutz, Herrn Heino Vahldiek, vom gestrigen Tage keinerlei Erkenntnisse über Herrn Prof. Löw vorliegen, die ein solches Verhalten rechtfertigen.” So hatte der oberste Geheimdienstler Vahldieck seinem CDU-Kollegen Zörb und dessen Waffenbrüdern gerade noch mal die Jubiläumsfeier gerettet.
Die Vorgänge liegen ein paar Jahre zurück. Aber eine Bürgerschaftanfrage vom Mai dieses Jahres zum Thema „neofaschistische Kulturorganisation bei der Burschenschaft Germania Königsberg“ zeigt, dass der Verfassungsschutz zum Thema Studentenverbindung weiterhin lieber schweigt. Ob die GAL mit dem jetzigen Leiter des Geheimdienstes als Innensenator glücklich werden würde, muss sie selbst wissen.