Burschenschaft Germania - Hitlergruß und ehemalige Rechtsterroristen zu Gast?
Am 27. Januar, dem internationalen Holocaust-Gedenktag, demonstrierten 400 Menschen in Wandsbek um an die Opfer des Nationalsozialismus im Stadtteil zu erinnern. Veranstalter war die Nachbarschaftsinitiative „Marienthal bleibt bunt“ mit Unterstützung von der VVN-BdA, der Linken, den Grünen, Jusos und dem „Hamburger Bündnis gegen Rechts“. Die Schlusskundgebung der Demonstration fand vor dem neuen Haus der Hamburger Burschenschaft Germania (HB!G) in
der Jüthornstraße statt, dort residieren die Wegbereiter des historischen und heutigen Apologeten des neuen Faschismus. Mit vielen Redebeiträgen und Sprechchören wurden die "Burschen" bedacht.
Erwartet wurde der Demonstrationszug schon von einem vermummten Burschenschafter, am Dachfenster des Germanenhauses stehend, bewaffnet mit einem Fotoapparat. Ein Bursche zeigte den Demonstrant*innen den Hitlergruß, wie ein Foto belegt. Nach Angaben der Protestierenden wurde Anzeige bei der Polizei erstattet. Anna von Marienthal Bleibt Bunt sieht so eine Möglichkeit, diese rechtsextreme Organisation unter Druck zu setzen: „Auch wenn die Burschenschaftler uns mit solchen Aktionen provozieren: Sie wissen, dass wir da sind und wir werden jede Straftat zur Anzeige bringen.“
Diese strafbewehrte Ehrerbietung an Hitler bzw. das nationalsozialistische Regime wurde von der Germania schon einmal bezeugt. Im Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2020 hieß es „Nach wie vor illustriert ein Vorkommnis aus dem Jahr 2016 das vorherrschende Gedankengut in der HB!G. Nachbarn und alarmierte Polizeibeamte hörten damals deutlich „Sieg Heil“-Rufe aus dem Haus der HB!G.“ Dies sind keine Ausrutscher, denn bis heute würdigt die Germania ihre
nationalsozialistischen Bundesbrüder oder gewalttätige Straßenkämpfer. Bis heute präsentiert die Germania einen Alten Herren stolz in den sozialen Medien, weil er von Adolf Hitler persönlich mit „Ritterkreuz und Eichenlaub“ für seine massenhaften Mordtaten als Panzer-Kommandeur in der Wehrmacht ausgezeichnet wurde. Und 2010 referierte ein Ehrenmitglied der Germania im alten Germanenhaus in der Sierichstraße in apologetischer Weise über sein Buch „Blutzeugen“. Es ging um diejenigen „Gefallenen der Bewegung“, NSDAP-, SA-, und SS-Leute, die vor 1933 im Straßenkampf gestorben waren.
Die Burschenschaft Germania wird diese Tradition und ihre Verstrickung in den aktuellen Neofaschismus fortsetzen. Für den 10. Februar 2024 hat sich die österreichische Burschenschaft Olympia zum Besuch für eine Kreuzkneipe angekündigt um noch mal nachträglich die Einweihung des Germanenhauses zu feiern. Die akademische Wiener Burschenschaft Olympia wurde 1961 behördlich verboten, weil einige ihrer Mitglieder in rechtsterroristische Bombenanschläge in Südtirol verstrickt waren und sie ihre Mitglieder zu Spenden an inhaftierte Burschenschafter verpflichtet hatte. Das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, der Sozialwissenschaftler Dietrich Heither und die Mehrzahl der deutschen und österreichischen Medien stufen die Burschenschaft als rechtsextreme bzw. sehr weit rechtsstehende Organisation ein (1) Der jetzt als Redner bei dem Potsdamer Geheimtreffen bundesweit bekannt gewordene Redner Martin Sellner, Vordenker der Identitären Bewegung, erfuhr seine Sozialisation z.B. bei der Olympia.
Für Felix Krebs vom Hamburger Bündnis gegen Rechts ist die Sache klar: „Die Nutzer des Germanenhauses scheinen inzwischen jegliche Tarnung abgelegt zu haben. Wer einen Hitlergruß zeigt, ist ein Neonazi.“ Niclas von Marienthal Bleibt Bunt ergänzt: „Viele Marienthaler*innen wissen gar nicht, was für Leute da in ihrer Nachbarschaft wohnen. Der Hitlergruß ist nur die Spitze des Eisbergs.”
Hamburger Bündnis gegen Rechts
1) Bernhard Weidinger: Völkische Studentenverbindungen und Rechtsextremismus in Österreich. In: Albert Steinhauser, Harald Walser (Hrsg.): Rechtsextremismus-Bericht 2016 (= Bericht zu den Ergebnissen der „Rechtsextremismus-Enquete“ der Grünen von 2015). Die Grünen – Der Grüne Klub im Parlament, Wien 2016, S. 77–87, hier: S. 82.