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Archiv 2009

Was immer schon kolporitiert wurde, hat der Senat jetzt offiziell in der Drucksache 22/167766 bestätigt: "Das LfV Hamburg nutzt zur Erfüllung seines gesetzlichen Auftrags öffentlich zugängliche Quellen, auch aus dem Bereich des politischen Aktivismus."
Es ging in der Drucksache um zwei Recherchen zum rechtsextremistischen sog. "Flügel" der AfD in Hamburg. Eine welche „AfD-watch Hamburg“ schon 2019 veröffentlichte und eine weitere des „Landesamt für Verfassungsschutz“ (LfV) mit Berufung auf eine fast identische Quellenlage, die erst 2021, bei der Vorstellung des damaligen VS-Berichtes für das Jahr 2020 erwähnt wurde. Der „Flügel“ um Björn Höcke wurde 2020 nach der Einstufung als gesichert rechtsextremistisches Beobachtungsobjekt von der AfD aufgelöst. Wissenschaftler*innen, Journalist*innen und mehrere LfVs gehen jedoch von einem Fortwirken des Netzwerkes aus. Im Oktober 2020 sagte Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang, dass es innerhalb der aufgelösten Gruppierung weiterhin einen engen Zusammenhalt und einen Austausch gebe.

Der große Unterschied bezüglich der Recherchen von AfD-watch Hamburg und den Veröffentlichungen des LfV Hamburg: Die AfD klagte nicht gegen AfD-watch, obwohl wir dezidiert Namen und Strukturen nennen, sondern gegen das LfV, das nur eine sehr allgemein gehaltene, kurze Einschätzung des Flügels machte.

Die AfD zog vor das Verwaltungsgericht, gewann im Eilverfahren 2021 und dann dieses Jahr im Hauptsacheverfahren. Aus dem Urteil geht hervor, dass das LfV für die Einschätzungen zum Flügel öffentlich zugängliche Quellen benutzte, hauptsächlich social media. Trotzdem wollte das LfV gegenüber dem Gericht nur geschwärzte Quellenbelege vorlegen, statt z.B. Screenshots von oder Links auf AfD-Seiten. „Anhand der fast durchweg geschwärzten Unterlagen, die die Beklagte in das Verfahren eingeführt hat, konnte das Gericht die von der Beklagten getroffene Zuordnung der einzelnen Personen zu der genannten Gruppierung und ihre Etikettierung als Anhänger nicht nachvollziehen“, heißt es im Urteil.

Um seine Quellen nicht nennen zu müssen, von denen ja die meisten öffentlich sein sollen, beruft sich das LfV in der Drucksache 22/167766 auf angeblichen Quellenschutz. Die inkriminierten Einschätzungen des LfV erschienen erst 2021, unser Artikel allerdings schon 2019 und wir benutzten dort Belege, die teilweise weit vor 2019 von der AfD publiziert und auch wieder gelöscht wurden. Es lässt sich deshalb nicht ausschließen, dass der Geheimdienst, zumindest teilweise, einfach bei AfD-watch Hamburg abgeschrieben hat, dies aber nicht gegenüber dem Gericht und damit der Öffentlichkeit offenbaren mochte.

Felix Krebs vom Hamburger Bündnis gegen Rechts: „Schon der NSU-Komplex zeigte, dass den Geheimdiensten Quellenschutz vor Aufklärung geht. Nun verlor das LfV Hamburg lieber vor Gericht, als seine Quellen offen zu legen. Wie groß das offiziell rechtsextremistische Potential des Flügels in Hamburg war oder ist, bleibt somit offen.“

Hamburger Bündnis gegen Rechts