HBgR Logo lang Bild

HBgR Logo lang Schrift

Rechtsextreme im Bundestag – der Hamburger Kontext

Die Tagesschau berichtete heute morgen, dass mehr als 100 Mitarbeiter*innen der AfD im Bundestag einen rechtsextremistischen Kontext bzw. eine entsprechende Vergangenheit hätten. Auch aus Hamburg und Umgebung gibt es hier Beispiele. Da die Tagesschau bis auf Marie-Thérèse Kaiser, Mitarbeiterin des Hamburger MdB Bernd Baumann, keine Namen mit norddeutschem Bezug nennt, werden wir hier einige Beispiele aus der Gegenwart und der Vergangenheit aufführen.

Jörg Schneider: Erster rechtsextremistischer MdB seit 60 Jahren
Schneider ist nicht Mitarbeiter der AfD-Fraktion, sondern sogar Abgeordneter. Er gehört seit 1989 der Hamburger Burschenschaft Germania an und diese wurde 2013 erstmals vom Hamburger
Verfassungsschutz (VS) als Verdachtsfall rechtsextremistischer Bestrebungen geführt, seit 2014 findet sie sich mit einem eigenen Kapitel im öffentlichen Hamburger Verfassungsschutzbericht wieder. Dort konnte man lesen lesen: „Die `HB! Germania` formuliert ihre generelle Ablehnung der politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse sowie ihre Verachtung gegenüber Medien und gesellschaftlichen Eliten explizit in ihrer Selbstdarstellung im Internet.“ Wie sich diese Ablehnung und Verachtung mit der Tätigkeit als Volksvertreter oder auch als Lehrer, Schneiders letzte berufliche Tätigkeit, vereinbaren lässt, kann wohl nur er selbst erklären. Jedenfalls dürfte der Alte Herr der völkischen Burschenschaft wohl den zweifelhaften Verdienst haben, der erste MdB einer rechtsextremistischen Organisation zu sein, seit sich Anfang der 1950er Jahre einige Abgeordnete der Deutsche Reichspartei (DRP) angeschlossen hatten.
http://www.hbgr.org/6914-erster-rechtsextremistischer-mdb-seit-60-jahren-kommt-aus-hamburger-burschenschaft

Marie-Thérèse Kaiser eine volksverhetzende, verurteilte Influencerin
Marie-Therese Kaiser aus Sottrum/Niedersachsen ist auch in Hamburg nicht nur MdB Bernd Baumann bekannt. Schon 2018 organisierte sie zusammen mit bekannten Rechtsextremisten die Aufmärsche unter dem Motto „Merkel muss weg“ und war zeitweise das Poster-Girl der Bewegung. https://www.tag24.de/nachrichten/merkel-muss-weg-marie-therese-kaiser-hamburg-demo-gesicht-instagram-post-501487
Kaiser pflegt enge Verbindungen zu der gesichert rechtsextremistischen Kampagne „Ein Prozent“. Diese ist so radikal, dass sie 2019 auf Instagram und Facebook gesperrt wurde. Auch zu dem ebenfalls rechtsextremistischen und verschwörungsideologischen Magazin „Compact“ pflegt Kaiser Kontakte und gab für dessen Spezial „Antifa“ ein Interview.  Im Interview sitzt sie neben dem ehemaligen Mitglied der rechtsextremistischen Jungen Nationaldemokraten (JN), ehemaligem Aktivisten der Identitären Bewegung und verurteiltem Gewalttäter Mario Müller.
Ihr AfD-Landesverband, für dessen Kreisverband Rotenburg Kaiser als Vorsitzende anführt, wird vom Verfassungsschutz Niedersachsen als Verdachtsobjekt eingestuft. Und auch Kaiser gehört zu den Radikalen. Hinter ihrem jungem Gesicht versteckt sich knallharter Rassismus. Letztes Jahr wurde sie vor dem Amtsgericht Rothenburg zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen verurteilt, weil sie sich der Volksverhetzung im Wahlkampf 2021 schuldig gemacht hatte. Die Influencerin hatte pauschal afghanische Geflüchtete als "Gruppenvergewaltiger" bezeichnet. Trotz der Verurteilung macht Kaiser mit hetzerischen Beiträgen auf social media weiter. Gelernt ist gelernt. Ihren Bachelor of Arts machte sie mit einer Arbeit zur „Wirkungsweise provokanter Werbung.“ Damit ist sie auch propagandistisch ganz nahe bei ihrem Chef in Berlin, Bernd Bauman.
https://afd-watch-hamburg.org/bernd-baumann-propagandist-fuer-rassismus-und-ns-verharmlosung/

Mario Walter Brockmann, neofaschistischer Burschenschafter bei AfD-Chefin Alice Weidel
Verbindungen aus Hamburgs neofaschistischer Szene reichen bis nach ganz oben in der AfD. Die „Hamburger Burschenschaft Germania“ ist seit ihrer Gründung 1919 in der extremen Rechten aktiv. Aus ihren Reihen kommt auch Mario (Walter) Brockmann, der für die Fraktionsvorsitzende Alice Weidel arbeitet. https://www.spiegel.de/politik/deutschland/afd-im-bundestag-goetz-kubitscheks-verwandter-arbeitet-fuer-alice-weidel-a-98f1f9d8-dd37-4249-8411-f92617b2aa55
Mario (Walter) Brockmann ist gut 10 Jahren in der völkischen Burschenschaft und war auch in deren „Hausverein Harry Lange e.V.“ aktiv, der das Burschenhaus der Germania verwaltet. Brockmann scheut weder Kontakte zu der rechtsextremistischen Identitären Bewegung, noch zur NPD. Im November 2013 schrieb Brockmann an den damaligen Landtagsabgeordneten der NPD in Sachsen, Arne Schimmer:
„Lieber Verbandsbruder Schimmer, in Anbetracht meines bevorstehenden Fuxenvortrages, der sich über das Thema des NSU drehen wird, wollte ich fragen, ob Sie mir Ihre Stichpunkte, die Sie zu den jeweiligen Referaten vortrugen, zukommen lassen könnten. Nach der Lektüre des Compact-Magazins vom Elsässer muss ich sagen, dass Ihre geschilderten Fakten weitaus umfangreicher, bahnbrechender und offenkundiger schienen als die der Sonderausgabe von Compact. Wäre es von daher möglich, dass Sie mir diverse Schriften/Stichpunkte zukommen lassen könnten? Mit verbandsbrüderlichem Gruß Mario Walter Brockmann Z!“
Schimmer ist wie Brockmann Burschenschafter (Verbandsbruder) und arbeitete inkognito für die edition Antaios des neurechten Vordenkers Götz Kubitscheck, ebenfalls VS-bekannt. Bei diesen Verbindungen wundert es nicht, dass Brockmann 2018 eine Tochter aus Götz Kubitschecks Familie heiratete.

Weitere (ehemalige) Mitarbeiter aus extrem rechten, Hamburger Kontext
Die Tagesschau schreibt: „Dem BR liegen mehrere interne Namenslisten aus dem Bundestag vor. Zudem konnte das Reporterteam aktuelle Mitarbeiterverzeichnisse aus der AfD-Fraktion einsehen. Auf diesem Wege hat BR Recherche mehr als 500 Personen identifiziert, die nach den vorliegenden Informationen für die AfD-Bundestagsfraktion oder ihre Abgeordneten arbeiten und die Hintergründe recherchiert.“ Uns liegt eine solche Liste mit Stand März 2018 vor. Ob die erwähnten Personen aktuell noch für die Bundestagsfraktion der AfD arbeiten oder nicht, hält die Fraktion teilweise geheim.

Julian I. ist Mitarbeiter des MdB Jan Ralf Nolte. I. stammt aus der extrem rechten Landsmannschaft Mecklenburgia Rostock, einer schlagenden Verbindung aus dem Coburger Convent. Seine Landsmannschaft ist immer wieder am rechten Rand aktiv gewesen.
https://www.zeit.de/hamburg/politik-wirtschaft/2016-11/afd-hamburg-landtag-fraktion-rechtsextremismus/seite-2
https://taz.de/Klaus-Pueschel/!5813306/
http://www.hbgr.org/6562-leitender-ndr-mitarbeiter-und-cdu-burschenschafter-moechte-gerne-mit-neonazis-feiern

Aus der Mecklenburgia kommt auch der Alte Herr Marcus Schmidt, der seit 2020 Pressesprecher der AfD im Bundestag ist. Schmidt hat sein Handwerk bei der neurechten Zeitung Junge Freiheit gelernt, für die er lange als Redakteur tätig war. Schon 2007 gab es eine Kontroverse um Schmidt, der damals Mitglied der Bundespressekonferenz werden wollte.
https://www.hbgr.org/aktuelle-meldungen/1925-243

Krzysztof Walczak arbeitete zumindest im November 2021 zusätzlich zu seinem Mandat als Hamburger Bürgerschaftsabgeordneter noch als Mitarbeiter des völkischen MdB Markus Frohnmaier. Das Bundesamt für Verfassungsschutz kommt in seinem 2019 erschienenen Gutachten zur AfD zu dem Schluss, Frohnmaier legitimiere „Angriffe auf das staatliche Gewaltmonopol“, er habe „Verbindungen zu rechtsextremistischen Verlagen/Publizisten“ und zur „islamfeindlichen German Defence League“. Frohnmaier beschäftigt(e) in seinem Abgeordnetenbüro mehrere Personen aus dem rechtsextremistischen Spektrum. Mitarbeiter Walczak war stellvertretender Bundesvorsitzender der JA Deutschland, die inzwischen Verdachtsfall auf rechtsextremistische Bestrebungen ist. Er postete und äußerte eindeutige Positionen gegen Schwule, Abtreibung, sexuelle Vielfalt, und „Multi-Kulti-Misch-Masch“
https://afd-watch-hamburg.org/verdachtsfaelle-krzysztof-walczak-und-marco-schulz/

Felix Krebs vom Hamburger Bündnis gegen Rechts: „Uns verwundern die Recherchen der Tagesschau nicht. Wir machen schon seit Jahren auf die Verbindungen der AfD zur extremen Rechten aufmerksam. Auch auf die von Hamburg in den Bundestag.“

Hamburger Bündnis gegen Rechts