Der Bürgermeister der Stadt Hamburg und Vizevorsitzende der SPD Olaf Scholz hat vor einer Woche ein sechsseitiges Strategiepapier mit dem Titel „Die Partei der schlechten Laune“ zum Umgang seiner Partei mit der AfD vorgelegt. Es soll laut Medien schon viel Zustimmung in der SPD, aber auch bei Teilen der Grünen bekommen haben, wurde im Bundespräsidium der Sozialdemokratie wohlwollend besprochen und wird nach der Diskussion im Bundesvorstand wahrscheinlich als neue, bundesweite Richtlinie im Umgang mit der rechtspopulistischen Herausforderung dienen. Als „Hamburger Bündnis gegen Rechts“ (HBgR) bekämpfen wir nicht nur seit ihrer Gründung die AfD, sondern beobachten auch aufmerksam den Umgang der anderen Parteien mit dieser. Wir sagen, das Scholz-Papier ist die falsche Antwort auf die AfD.
Sicherlich enthält das Papier viele richtige Überlegungen, zum Beispiel die Forderung vermehrt inhaltliche Antworten gegen die Ideologie, Programmatik und Praxis der Rechtspopulisten zu entwickeln. Wir haben dies als HBgR schon seit dem Bürgerschaftswahlkampf 2014/15 mit diversen Aktionen, Enthüllungen und einer umfangreichen Broschüre getan, als bei der SPD noch weitestgehend Schweigen herrschte. Wir begrüßen es deshalb, dass die SPD nun auch die inhaltliche Herausforderung aufnehmen will. Die 13 „Regeln“ die Olaf Scholz seinen GenossInnen an die Hand gibt, enthalten jedoch viele problematische Aspekte, wir greifen nur einige davon heraus.
Medial breit rezipiert wurde die Forderung, die „Dämonisierung“ der AfD einzustellen und die Partei nicht als „Nazis“ zu bezeichnen. Dieser Appell ist fatal, weil er als Ende der Ausgrenzung der AfD verstanden wird. Der Hamburger Fraktionschef der AfD Jörn Kruse freut sich nun schon öffentlich über das Ende der Isolierung und hofft „dass die AfD für die Zukunft als eine ernst zu nehmende politische Partei in Deutschland betrachtet wird.“
Wir sagen jedoch weiterhin, diese Partei ist menschenverachtend, rassistisch, versucht die Gesellschaft zu spalten und lebt ausschließlich von Ressentiments gegen schwächere Bevölkerungsgruppen. Die AfD ist keine „normale“ parlamentarische Partei. Im Umgang mit ihr sind sowohl scharfe inhaltliche Kritik, als auch weiterhin klare Kante erforderlich. Nebenbei: Ernstzunehmende KritikerInnen, WissenschaftlerInnen, JournalistInnen und auch wir haben die AfD nie als Nazis bezeichnet, es war vielmehr Vizekanzler Sigmar Gabriel, der die Partei in die Nähe der NSDAP rückte und seine Partei, die hilflos nach dem Verfassungsschutz rief, statt inhaltlich zu argumentieren.
Scholz fordert weiterhin kein wohliges Bild „einer Multikulti-Idylle zu zeichnen“, spricht sich zwar grundsätzlich irgendwie für eine Aufnahme von Geflüchteten aus, betont in diesem Diskurs aber ein Einwanderungsgesetz habe sich an den „Interessen Deutschlands“ zu orientieren. Wer in der Diskussion um Flucht und Migration sich zwar explizit gegen „open borders“, nicht aber gegen Obergrenzen ausspricht, multikulturelle Visionen als naiv diskreditiert – und sich hier begrifflich der Neuen Rechten annähert – sowie an patriotische Gefühle appelliert, statt die allgemeinen Menschenrechte und die Genfer Konventionen als Maßstab auch nur zu erwähnen, der bedient nationalistische Erwartungen und redet den RechtspopulistInnen nach dem Mund.
Olaf Scholz präsentiert in seinem Papier leider auch keine Antwort darauf, warum die AfD auch aus den sozialdemokratischen und gewerkschaftlichen Milieus viele Stimmen bekommen hat, über deren Fehlen die SPD jetzt jammert. Viele Menschen gehen der sozialen Demagogie der Rechten auf den Leim, weil ihnen von der SPD in den letzten Jahren vor allem Sozialabbau, Deregulierung des Arbeitsmarktes, Hartz IV und eine allgemeine Verschlechterung der Lebensverhältnisse als nötiger neoliberaler Umbau Deutschlands verkauft wurde. Wir möchten daran erinnern, dass es Olaf Scholz als Generalsekretär der SPD war, welcher die unsoziale Agenda 2010 maßgeblich zu verantworten hat. Alle Bemühungen der SPD, WählerInnen der AfD zurück zu gewinnen, werden ins Leere laufen, wenn sich die Partei nicht für eine sozial gerechtere Politik entscheidet. Doch auch dafür bietet das Scholz-Papier leider keine Grundlage.
Hamburger Bündnis gegen Rechts
16. Mai 2016