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Pressemitteilungen

AfD-Spitzenkandidat Nockemann mit Kontakten in die extreme Rechte

Immer wieder versuchen sich die populistischen Brandstifter der AfD im Hamburger Wahlkampf als die konservativen Biedermänner darzustellen. Nun berichten taz und ndr-info über Kontakte von Spitzenkandidat Dirk Nockemann in die extreme Rechte. Die Berichte beruhen auch auf Recherchen des „Hamburger Bündnis gegen Rechts“ (HBgR), die Quellenbelege sind dieser Pressemitteilung angefügt.

Als ehemaliger, allerdings sehr kurzzeitiger Innensenator in der CDU/SCHILL-Koalition ist Dirk Nockemann eines der Zugpferde im Wahlkampf der AfD. Der Hardliner soll vor allem das rechtspopulistische WählerInnenpotential der Partei erschließen. Seine politische Sozialisation bei „Richter Gnadenlos“ Ronald Schill soll dafür ebenso bürgen, wie seine erbarmungslose Haltung gegen Flüchtlinge und MigrantInnen schon als Innensenator 2003/2004. Damals wollte er ein
sechsjähriges Kind abschieben, dessen ghanaische Eltern seit Jahren legal in Deutschland gelebt hatten, jedoch versäumten, die Papiere ihres Kindes in Ordnung zu bringen. „Wer sich hier nicht aufhalten darf, muss raus,“
befahl Nockemann damals. Der Hamburger AfD-Chef Jörn Kruse lobt solche Menschenfeindlichkeit heute als politische Expertise, wenn er dem Hamburger Abendblatt vor wenigen Tagen bescheinigte, dass Nockemann „ein
hervorragender Innenpolitiker ist und sich zum Beispiel beim Thema Asyl sehr gut auskennt.“

2004 verfehlte die Schill-Partei mit grade mal 0,4 Prozent den Wiedereinzug in die Bürgerschaft. Der heillos zerstrittenen Partei kehrte Nockemann den Rücken und schloss sich kurzzeitig der CDU an, diskutierte jedoch schon bald mit dem islamfeindlichen Rechtspopulisten Udo Ulfkotte (aktuelles Buch: Gekaufte Journalisten) die Gründung einer neuen Partei, um dann 2007 mit ehemaligen Schillianern die „Deutsche Zentrumspartei“ (DZP) zu gründen. Hier bot er Ulfkotte, der jüngst beim Bogida-Aufmarsch in Bonn sprach, einen Platz an, ebenso der ehemaligen
Tagesschau-Sprecherin Eva Herman. Diese hatte 2007 gerade ihren Job beim NDR verloren, weil sie die nationalsozialistische Familienpolitik gelobt hatte. Für Nockemanns DZP kandidierte 2008 zur Bürgerschaftswahl dann Björn J. Neumann, 2004 noch Kandidat der Liste ProDM/Schill. Dies ist deshalb erwähnenswert, weil Neumann dann 2011 als Spitzenkandidat der NPD zur Bürgerschaft kandidierte, jedoch noch später wieder Parteikamerad von
Nockemann wurde: Seit mindestens Frühjahr 2014 ist Neumann Mitglied der Hamburger AfD. AfD-Gründer Nockemann dürfte gewusst haben, dass Neumann NPD-Kandidat war. Erst als das HBgR den Skandal öffentlich machte, bequemte sich die AfD zu einem Parteiausschluss-Verfahren gegen Neumann – bis Dezember war es immer noch nicht abgeschlossen.

Ein duldsamer Umgang mit Neonazis und Hooligans in der Hamburger AfD erklärt sich aber vor allem, wenn man sich weitere Kontakte von Nockemann ins braune Milieu anguckt. Nach dem Flop der DZP tauchte der ehemalige
Schillianer 2010 bei einer Veranstaltung der rassistischen Kleinstpartei „Pro Deutschland“ (Pro-D) auf, welche sich damals bundesweit ausdehnen wollte und ebenfalls die Kandidatur zur Bürgerschaftswahl 2011 plante. Pro-D wurde für das Jahr 2010 schon im Verfassungsschutzbericht von Nordrhein-Westfalen erwähnt. Auf dem Podium saß neben dem Pro-D Vorsitzenden Manfred Rouhs eine ehemalige Schill-Bekannte von Nockemann, Gerda Wittuhn. Zufällig dürfte sich Nockemann kaum auf die konspirativ durchgeführte Veranstaltung verirrt haben. Es war jedoch schon damals klar, dass Pro-D keinen Einzug in ein Parlament schaffen würde und so tauchte Nockemann erst 2013 wieder bei der Gründung der Hamburger AfD auf, virtuelle Kontakte ins Milieu bestanden jedoch weiter.

Auf Facebook kann man mit vielen Menschen befreundet sein. Dies sagt zwar nichts über die reale personelle Nähe aus, setzt aber immerhin eine gewisse Sympathie und vor allem die ausdrückliche Zustimmung voraus – ohne
diese kann sich auch in dem sozialen Netzwerk niemand zum Freund eines Anderen erklären. So machte sich der Hamburger AfDler Nockemann einen Michael Stürzenberger zum Freund. Stürzenbergers antimuslimische Hetze
führte schon 2013 erstmals zur namentlichen Erwähnung durch den Inlandsgeheimdienst in Bayern. Im letzten November hetzte Stürzenberger beim Hooligan-Aufmarsch (Hogesa) in Hannover gegen Muslime, nicht nur  gegen Salafisten, wie er extra betonte. Stürzenbergers Partei „Die Freiheit“, bzw. ihre hiesigen Ex-Funktionäre standen im April 2013 Pate bei der Gründung des Landesverbandes der AfD in Hamburg. Man teilt halt die gleichen Ressentiments und bewegt sich seit Jahren im selben braunen Dunstkreis. Noch weiter rechts positionierte sich ein Heiko Ebbenga, welcher ebenfalls eine virtuelle Freundschaft zu Nockemann mit dessen Einverständnis pflegt. 2005 kandidierte Ebbenga in Holzminden für die NPD.

Wenn Hans und Nazi-Franz sich auf Facebook miteinander befreunden, dann mag dass aus Naivität geschehen. Ein ehemaliger Innensenator weiß jedoch genau die Brisanz von Kontakten in die rechtsextremistische Szene
einzuschätzen. Wohl deshalb ist die Einsicht in die Freundesliste von Dirk Nockemann auf Facebook aktuell gesperrt. Ein weiteres Facebookprofil eines Dirk Nockemanns mit Hamburger Hintergrund wurde rechtzeitig zum Wahlkampf
Mitte Dezember 2014 gelöscht. Dieses Nockemann-II-Profil enthielt diverse einschlägige Freunde, neben Stürzenberger und Ebbenga, den Pro-D-Chef Manfred Rouhs, die Hamburger Pro-D-Kandidatin Jutta Gebauer, sowie den ehemaligen Pro-Köln-Ratsherr Jörg Uckermann. Letzterer wurde im Dezember 2014 wegen Betrugs, er hatte als Abgeordneter unberechtigte Sitzungsgelder bezogen, zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten
verurteilt. Sollte dieses gelöschte Facebookprofil dem aktuellen Spitzenkandidaten der Hamburger AfD gehört haben, dann bekäme der Beamte Dirk Nockemann noch mehr Probleme seine ziemlich rechten Freundschaften zu
erklären. Und die AfD müsste zum wiederholten Male erläutern, warum sie zwar immer wieder öffentlich beteuert braune Kameraden auszuschließen und Nazikontakte zu unterbinden, intern jedoch nicht handeln will.

Hamburger Bündnis gegen Rechts