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Pressemitteilungen

Veddeler Sprengstoffanschlag – Mutmaßlicher Täter schon vor 30 Jahren Neonazi

Am vergangenen Sonntag gab es auf dem S-Bahnhof Veddel einen menschenverachtenden Anschlag mit einem potentiell lebensgefährlichen Sprengsatz. Der jetzt Festgenommene hat eine lange Nazikarriere hinter sich.

Am gestrigen 21. Dezember gedachten ca. 150 Menschen in der Nähe des S-Bahnhofs Landwehr der Ermordung von Ramazan Avci durch vier neonazistische Skinheads vor 32 Jahren. In dem 1986 folgenden Prozess gegen die Täter tauchte auch der jetzt festgenommene Stephan K. auf. Uns liegen Aufzeichnungen vor, die damals von AntifaschistInnen während des Prozesses gemacht wurden. K. soll schon damals wegen verschiedener Delikte, wie Körperverletzung, Sachbeschädigung und unerlaubten Waffenbesitzes bekannt gewesen sein. U.a. soll der damals Wehrpflichtige am 26. Januar 1986 eine Schlägerei in einer Kaserne provoziert haben. Schon damals rechnete sich K. selbst den Kreisen um die Mörder Ramazan Avcis zu, er „kenne alle Skins in Hamburg“ und trug laut Beobachtung mit dem Tattoo „Gewalttäter“ im Nacken ein eindeutiges Bekenntnis zu seiner Gewaltbereitschaft.
In einem internen Schreiben des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) Hamburg an den Generalbundesanwalt vom 30. April 1992 taucht K. ebenfalls wieder auf. In der Erkenntniszusammenstellung des LfV geht es um die damalige Clique der „Sinstorfer Skins“, deren Kontakte zum Ku-Klux-Klan und verschiedene neonazistische Anschläge. K. wurde hier wegen eines Einbruchdiebstahls zusammen mit zwei weiteren Skinheads erwähnt, sowie wegen des „Verdachts des Totschlags an einem 53-jährigen Kapitän in Buxtehude am 22. 03. 1992.“ Dieser Mord an Gustav Schneeclaus wurde durch Stephan K. und Stefan S. in voller Zurechnungsfähigkeit, mit großer Brutalität und aus niedrigen Beweggründen (Schneeclaus hatte Adolf Hitler als „größten Verbrecher“ bezeichnet) begangen. Er ist inzwischen auch wieder einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. K. wurde trotz der damals zutreffenden Kriterien für einen Mord zu achteinhalb Jahren wegen Totschlags verurteilt.
In Haft wandte sich K. dann der neonazistischen „Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene“ (HNG) zu, welche 2001 vom Bundesinnenminister verboten wurde. Aus dem Gefängnis heraus bat er Gesinnungsgenossen via HNG um Briefkontakte.

Es ist verharmlosend, wenn die Hamburger Polizei K. jetzt als „Trinker“ charakterisiert, nur weil sie keine Erkenntnisse über aktuelle Mitgliedschaften, Szenezugehörigkeit oder rechtsextremistische Straftaten von K. hat. Für uns bleibt K. bis zum Beweis des Gegenteils, ein Neonazi. Es gibt eine unheilvolle Tradition in Deutschland neonazistische Straftaten als Delikte von alkoholisierten Einzeltätern zu bagatellisieren. Ebenso verharmlosend sind Medienberichte, welche mit dem Wort „Polenböller“ die Sprengkraft bei dem Anschlag verschleiern. Nicht umsonst warnt die Feuerwehr anlässlich von Sylvester momentan vor den schweren Verletzungen oder gar tödlichen Folgen dieser Sprengsätze. Widersprüchlich bleiben die Berichte, ob der Sprengsatz mit Schrapnell (Schrauben o.ä.) versetzt war, was sowohl die potentiell tödliche
Wirkung erhöht hätte, wie auch für eine gezielte Planung spräche. Wir wissen aktuell nicht, ob der Anschlag auf der Veddel einen rassistischen Hintergrund hatte. Es wurden vom Täter an einem Nachmittag an einem belebten Ort jedoch billigend schwere Verletzungen von Menschen in Kauf genommen, laut bisherigen Erkenntnissen wurde ein Rentner verletzt. Und wir wissen, dass die Veddel ein Stadtteil mit einem sehr hohen Anteil an migrantischer Bevölkerung ist. Dass die Polizei sogleich einen terroristischen Hintergrund ausschloss und einen möglichen rassistischen Hintergrund trotz der bekannten Nazivergangenheit des mutmaßlichen Täters bisher nicht thematisierte, ist ein Skandal.

Hamburger Bündnis gegen Rechts