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Pressemitteilungen

AfD-Parteitag – Geht der extreme Rechtskurs weiter?

Beim dem Hamburger Landesparteitag der AfD am kommenden Sonntag dürfte zumindest im Hintergrund auch die Frage eine Rolle spielen, wie sich die Partei nach der geheimdienstlichen Einstufung als Prüffall und insbesondere bezüglich der noch extremeren Verdachtsfälle Junge Alternative und DER FLÜGEL ausrichten wird. Bezüglich der Jugendorganisationen hat der Landesvorstand schon Vorgaben gemacht: Man will einen neuen Verband mit anderem Namen gründen, vermeidet aber jegliche personelle sowie inhaltliche Konsequenzen und hofft so die Öffentlichkeit zu täuschen.
Bezüglich des völkisch-nationalistischen FLÜGELs um Björn Höcke dürfte diese Taktik nicht aufgehen, denn dieser ist mit ca. 40% die stärkste Fraktion bei Bundesparteitagen, eines der ideologischen Zentren, sowie der eigentliche bewegungspolitische Motor der Partei. Besonders im Osten ist die Teilorganisation FLÜGEL unverzichtbar. Da er jedoch jetzt auch mit geheimdienstlichen Mitteln beobachtet werden darf und eine mögliche Einstufung als „rechtsextremistisch“, die gesamte Partei gefährden kann, könnten auch hier kosmetische Änderungen, viel eher aber Schutzbehauptungen, für die Öffentlichkeit zum Einsatz kommen. Das Björn Höcke aus der Partei gedrängt oder gar der FLÜGEL aufgelöst wird, hat allerdings auch der als konservativ geltende AfD-Chef Jörg Meuthen ausgeschlossen.

Wie hält es Hamburg mit dem FLÜGEL?
Unter dem Druck des Inlandsgeheimdienstes wandte sich der Fraktionsführer Alexander Wolf am 20. Januar 2019 mit einer Videobotschaft an die Öffentlichkeit. Hier räumte er zwar ein, dass „einigen Vertretern des FLÜGELs der Vorwurf zu machen“ sei, dass sie mit ihren Aussagen dem Ansehen der AfD geschadet hätten. Dies ist jedoch keine inhaltliche Kritik, sondern betrifft nur das Bild in der Öffentlichkeit. Er bekräftigt diese Taktik durch die Aussage Mäßigung im Ausdruck habe „mit Weichspülen überhaupt nichts zu tun. Wir bleiben bei harter Kante.“ Weiterhin behauptet Wolf, dass der Verdachtsfall DER FLÜGEL in Hamburg keine Rolle spiele, historisch überholt sei und, so sein Vorschlag, aufgelöst werden solle. Doch was ist dran an diesen Aussagen?

Wer gehört in Hamburg zu den völkischen Nationalisten?
Der FLÜGEL ist ein ausschließlich aus AfD-Mitgliedern bestehender Zusammenschluss, der weder als Verein konstituiert ist, noch offizielle Mitgliederlisten unterhält. Experten welche die AfD beobachten und auch das Bundesamt für Verfassungsschutz gehen jedoch trotzdem von gemeinsamen konstituierenden Merkmalen der Anhängerschaft und SympathisantInnen aus. Hierzu werden gezählt: Die Unterzeichnung des Gründungsdokuments „Erfurter Resolution“, die Teilnahme an den internen „Kyffhäuser-Treffen“, solidarische Äußerungen und Teilungen von Beiträgen in sozialen Netzwerken, wie dem Facebookauftritt des FLÜGELs, oder eine besondere Nähe zur Führungsfigur Björn Höcke und anderen bundesweit bekannten Exponenten der Völkischen.
An dem konstituierenden Treffen des Flügels am 6. Juni 2015 im Hotel „Burghof Kyffhäuser“ nahm laut Selbstbezichtigung auf Facebook der heutige Hamburger Pressesprecher Robert Offermann teil. Und neben dem inzwischen aus der Partei ausgeschlossenem Abgeordneten Dr. Ludwig Flocken unterzeichneten insgesamt 27 Hamburger AfD-Mitglieder den Gründungsaufruf „Erfurter Resolution“. Darunter mindestens sechs gewählte Amts- und MandatsträgerInnen, namentlich Klaus Fohrmann (Bundesvorstandsmitglied aus HH Nord), Reinhard Kroll (damals Schatzmeister Bergedorf) Barbara K.-S. (damals Vorstand Wandsbek), Thomas Meister (Abgeordneter Bergedorf), Peter S. (damals Vorstand Wandsbek) und Miguel Venegas (Bezirksvorstand Harburg).
In enger inhaltlicher und personeller Nähe zum FLÜGEL positioniert sich auch ein „Stuttgarter Aufruf“, der maßgeblich von Flügel-AnhängerInnen unterzeichnet wurde. Dieser richtet sich seit Ende Oktober 2018 gegen den möglichen Ausschluss von extrem rechten Mitgliedern, wie Björn Höcke oder den Holocaustleugner Wolfgang Gedeon, aus der AfD. Auch diesen haben bis heute mindestens 17 AfD-Mitglieder aus Hamburg unterzeichnet. Da einige anonym bleiben wollen, sind von den FunktionärInnen nur einige öffentlich bekannt: Stefan Wagener (Vorstand Wandsbek), Tobias Steinhaus (Vorstand Altona), Wolfgang Hanssen (bis 2/2018 Vorstand Eimsbüttel) Phillipp Thein (Kandidat zur Bürgerschaftswahl 2015), Miguel Venegas (s.o.), Sven Freitag (Vorstand Eimsbüttel) Sebastian Sammeck (Vorstand Nord) und Peter Wolfslast (Vorstand der inoffiziellen Juristen in der AfD). Weiterhin muss eine größere Dunkelziffer von Hamburger Mitgliedern des FLÜGELs angenommen werden, welche weder öffentlich Resolutionen unterzeichnet, noch entsprechende Äußerungen in sozialen Netzwerken getätigt haben.

Rechts und ganz rechts in der Führung
Bevor Prof. Jörn Kruse die Hamburger AfD verließ, gab es auf der Facebookseite des FLÜGELs viele hämische Kommentare über ihn. Der FLÜGEL-Anhänger Jens Eckleben, Vorsitzender in Hamburg-Nord und Mitarbeiter eines AfD-Bundestagsabgeordneten, schrieb dort am 22. September 2018: „Prof Jörn Kruse würde nie sein Mandat abgeben“, denn dann wäre er, Eckleben, der Nachrücker in der Bürgerschaft und damit „würde sich die Mehrheit der AfD-Fraktion von 4:3 zu 3:4 drehen.“
Da nach dem Abgang von Kruse sechs Abgeordnete in der AfD-Fraktion verblieben, fragt sich, wen Eckleben zu den Rechtsauslegern rechnet. Detlef Ehlebracht galt als Parteigänger von Prof. Kruse und Andrea Oelschläger positionierte sich nach den Holocaust-relativierenden Aussagen von FLÜGEL-Idol Björn Höcke 2017 eindeutig gegen diesen. Anders hingegen der heutige Fraktionsvorsitzende Dirk Nockemann, er unterhielt nicht nur zahllose dubiose Facebook-Freundschaften sondern empfahl schon 2015 eine umstrittene Höcke-Rede zur Lektüre. Sein Ko-Vorsitzender Alexander Wolf, der heute vorgibt den Flügel auflösen zu wollen, würdigt diesen bis heute sogar mit einem „gefällt mir“ auf seiner Facebookseite. Und im Landesvorstand der AfD sitzt, neben den Parteirechten Wolf und Nockemann, der äußerst umtriebige Krzysztof Walczak, Mitarbeiter des Bundestagsabgeordneten und FLÜGEL-Frontmannes Markus Frohnmaier und bis vor Kurzem noch Vorsitzender des Verdachtsfalles Junge Alternative in Hamburg.

In der Hamburger AfD-Fraktion und im Landesvorstand ist der Einfluss der Parteirechten also heute schon groß, viele Funktionäre müssen als Mitglieder oder Unterstützer des FLÜGELs oder seiner Frontmänner wie Höcke, Kalbitz, Tillschneider oder Frohnmaier gelten, keineswegs aber als deren KritikerInnen. Felix Krebs vom Hamburger Bündnis gegen Rechts: „Sollte es der Fraktionsvorsitzende Wolf tatsächlich ernst meinen mit seiner Idee den völkisch-nationalistischen FLÜGEL aufzulösen, so wäre eine ebenso öffentliche Distanzierung und Austrittserklärung all der bekannten Hamburger Mitglieder und Sympathisanten ein erster Schritt. Ansonsten bleibt dies eine Nebelkerze die den Rechtsruck der AfD in Hamburg verschleiern soll.“

Hamburger Bündnis gegen Rechts