Seit heute Morgen ist es nun amtlich: Das Bundesamt für Verfassungsschutz stuft die völkisch-nationalistische AfD-Formation um den thüringischen Landesvorsitzenden Björn Höcke namens „Der Flügel“ als Beobachtungsobjekt im Bereich Rechtsextremismus ein. Mit der Hochstufung vom Verdachtsfall zum Beobachtungsfall steht die innerparteiliche Formation, die ca. 40 Prozent der Mitglieder umfasst und damit die einflussreichste Fraktion der Partei ist, nun formal auf einer Stufe mit der NPD. Interessant in diesem Zusammenhang ist ein Gastbeitrag welchen Alexander Wolf kürzlich, am 26. Februar 2020, der „Jungen Freiheit“, der wichtigsten Zeitung der neuen Rechten gab.
Unter dem Topos „Richtungsdebatte in der AfD“ schrieb der Fraktionsvorsitzende „wir müssen das konservative Profil der AfD schärfen“. Wer nun meint, dass damit eine scharfe Abgrenzung gegenüber dem völkisch-nationalistischen Flügel der AfD einhergeht, sieht sich bei genauerer Analyse allerdings getäuscht. Zwar nennt Wolf einige „Krakeeler“ vom „Narrensaum“ der Partei, wie er sich ausdrückt, die in seiner Partei „nichts zu suchen haben“. Namentlich Mitglieder wie der Antisemit Wolfgang Gedeon, oder die Rassist*innen Stefan Räpple und Doris von Sayn-Wittgenstein, seien es „die es dem politischen Gegner – und dem Verfassungsschutz – immer wieder allzu leicht machen, uns in eine Verbindung zu bringen mit rechtsextremen Positionen.“ Nun sind die genannten sicherlich überzeugte Rechtsaußen, doch richtet sich die Beobachtung des Flügels durch den Inlandsgeheimdienst nicht gegen einige wenige Personen, sondern gegen gut ein Drittel aller Parteimitglieder. Außerdem spielen die drei Personen auch keine besondere Rolle mehr in der Partei. Entlarvend ist vielmehr, wen Wolf in seiner Aufzählung nicht nennt, nämlich die Führungspersonen des Flügels wie Andreas Kalbitz, Stephan Brandner, Thomas Tillschneider oder allen voran den gerichtsnotorischen Faschisten Björn Höcke, welche im Fokus von Geheimdienst und öffentlicher Kritik stehen.
Analysiert man dann noch, welches Spektrum für Wolf denn bürgerlich-konservativ sei, dann ist der Beitrag eher als eine Inschutznahme des Flügels zu lesen. Er schreibt: „Wir müssen das bürgerlich-konservative Profil der AfD schärfen und rote Linien nach Rechtsaußen noch stärker ziehen und auch durchsetzen. Hier sind alle Führungsgremien in der Pflicht – der Bundesvorstand ebenso wie die Landesvorstände, auch die Führung des ‚Flügels’“. Anders gesagt, gäbe es also höchstens am Rande des völkischen Beobachtungsobjekts einige wenige Rechtsaußen auf welche die tadellose Führung des Flügels achten müsse.
Vor einem Jahr, am 20. Januar 2019, klang Wolf angesichts der Einstufung seiner Partei zum geheimdienstlichen Prüffall noch ganz anders: Der Flügel sei in einer konkreten historischen Phase entstanden, „heute hat er sich überlebt, ist eine Interessengemeinschaft geworden, die, so mein Vorschlag, aufgelöst werden sollte.“ Im November 2019 wurde Wolf dann in den Bundesvorstand der AfD gewählt, wo er diese Auflösung hätte thematisieren können. Und auch in Hamburg hätte er als Fraktions- und Vize-Parteivorsitzender durchgreifen können: Der Bezirksverband Mitte unter Führung von Nicole Jordan ist in fester Hand von Flügel-Anhänger*innen, wirbt mit Höcke-Bildern und Zitaten oder verlinkt Beiträge des faschistischen Flügels. Wäre es Wolf mit der Auflösung des Flügels ernst gewesen, hätte er Parteiausschlüsse in seinem Landesverband anstreben können oder zumindest öffentlich Verwarnungen aussprechen können. Nichts davon geschah, denn Wolf weiß genau, dass auch er auf Stimmen der Faschist*innen in seiner Partei angewiesen ist. Dass er selbst seit Jahren auf einem seiner beiden Facebookprofile den Flügel unter „gefällt mir“ führt, ist da nur eine weitere Bestätigung für sein rein taktisches Verhalten.
Felix Krebs vom Hamburger Bündnis gegen Rechts: “Alexander Wolf folgt inzwischen der allgemeinen Linie des Bundesvorstandes, dass der ‚Flügel’ integraler Teil der AfD ist. Er wird auch zukünftig einem Rassisten wie Höcke kein inhaltliches Paroli bieten und die Faschisten seines Landesverbandes schützen."
Wer mehr über das Hamburger Personal des Flügels erfahren möchte, als die dürftigen Andeutungen des Hamburger Verfassungsschutzes, lese unseren Beitrag auf AfD-watch Hamburg.
https://afd-watch-hamburg.org/netzwerk/der-fluegel/
Hamburger Bündnis gegen Rechts