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Pressemitteilungen

AfD-Chef Nockemann und die braunen Straßenkämpfer

 

"Ich war vorher Innensenator, und ich muss auch aus eigener Überzeugung genau abwägen, mit wem ich rede."

Wie NDR-Info berichtet gab es im Juni 2018 ein Treffen zwischen dem Vorsitzenden der Hamburger AfD Dirk Nockemann und mehreren Neonazis in dem Restaurant „Das Parlament“ im Souterrain des des Hamburger Rathauses. Ein Teil der anwesenden Rechten gehörte zum sog. Orga-Team der Merkel-muss-weg Aufmärsche (MMW). Diese fanden 2018 regelmäßig statt und vereinten ein Spektrum von AfDlern, Burschenschaftern, NPD-Mitgliedern, Nazi-Hooligans und anderen Rechten. Der Hamburger Verfassungsschutz (VS) hatte schon im Februar 2018, also Monate vor dem Treffen Nockemanns, bezüglich der Teilnahme an den rechten Aufmärschen gewarnt: „Die eigentlichen Initiatoren haben nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes zum Teil einen Vorlauf in rechtsextremistischen Strukturen und entstammen auch dem Türsteher- und Althooligan-Milieu. Berührungsängste mit Rechtsextremisten gibt es bei den Versammlungsteilnehmern bisher nicht.“

Nockemann focht diese Einschätzung jedoch nicht an, er verteidigte MMW explizit auf seiner Facebookseite gegen den VS: „Diese Stellungnahme mutet an, als entspringe sie politischen Zweckmäßigkeitserwägungen“ und behauptete bei den Aufmärschen würden „einige hundert insbesondere bürgerliche Konservative gegen Merkel“ demonstrieren. Der Verharmlosung entsprechend rief der Hamburger Landesverband dann auch im März 2018 zu den Aufmärschen auf.

Ein alter Bekannter von Nockemann?

Anmelder und Strippenzieher der Aufmärsche war zu diesem Zeitpunkt Thomas „Togger“ Gardlo. Nockemann und Gardlo dürften sich schon lange kennen, denn der Türsteher war Personenschützer von Ronald Schill, wie die taz 2002 recherchierte. Nockemann war damals stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Schillpartei und Büroleiter von Schill. Innenpolitiker Nockemann dürften auch schon damals die von der taz genannten Kontakte Gardlos mit Neonazis und Justiz bekannt gewesen sein: Die inzwischen verbotenen Organisationen ANS und FAP sowie Wehrsportübungen gehörten einerseits dazu, gefährliche Körperverletzung, Diebstahl und ein Verstoß gegen das Waffengesetz andererseits. Auch dürfte Nockemann nicht entgangen sein, dass u.a. ZEIT-online 2017 über Wehrsportübungen der völkischen Identitären Bewegung (IB) und der Hamburger Burschenschaft Germania (HBG) berichtete, bei welchen Gardlo mit seinen jahrzehntelangen Erfahrungen Trainer war.

Dass sich der AfD-Chef mit einem so bekannten Rechten und seiner Truppe in der Gaststätte des Rathauses trifft und alle Versammelten die Daumen hoch zeigen, kann von Nockemann kaum durch Unwissenheit oder als Zufall entschuldigt werden. Auch mehrere andere Gäste des Treffens habe eine rechte Vergangenheit oder Gegenwart:

- Philip Steinbeck, brauner Schlossherr aus Mecklenburg gehört schon lange zu den Machern in der AfD, zuletzt als stellvertretender Vorsitzender im Kreis Südwest-Mecklenburg. In den 1990er Jahren war er Mitarbeiter der neofaschistischen „Deutschen Liga für Volk und Heimat“, 2009 hatte er Kontakt zu Obernazi Jürgen Rieger (NPD) und hatte später den Hamburger NPD-Chef Thomas Wulff als Fahrer. 2011 tauchte Steinbeck dann mit seiner Adresse in Jessenitz auf einer Spenderliste der NPD auf.

- Heiner G. wurde in den 1980er Jahren der rechten Schlägertruppe „Savage Army“ (Wilde Armee, abgekürzt SA) zugerechnet, war damals u.a. an Überfällen auf ein Haus der Jugend und ein Punkkonzert beteiligt und stand wegen Körperverletzung vor Gericht. 2015 wurde er durch die damaligen Organisatoren zu dem Nazi-Aufmarsch „Tag der deutschen Patrioten“ eingeladen und 2018 war er natürlich Mitglied der MMW-Facebook-Gruppe.

- Thorsten K. gehörte von Beginn an zum Orga-Team von MMW. Der ehemalige Fremdenlegionär schrieb im März 2018 auf Nachfrage zur Sicherung der Aufmärsche in der zugehörigen Facebook-Gruppe: „Melde Dich bei security Mann Thorsten.“ Später schrieb er zu einem Bild von Muslimen in der MMW-Gruppe „Eine Bombe rein, trifft keinen Verkehrten.“

- Ralph Eitelbach, ebenfalls Mitglied des Orga-Teams, kandidierte 2018 für die AfD zu den Kreistagswahlen in Storman. Auch er soll ehemaliger Personenschützer sein. Bei Blog EXIF-Recherche gibt es ein Bild von ihm mit Ordnerbinde bei den MMW-Aufmärschen.

Dirk Nockemann dürften vielleicht nicht alle diese Details bekannt gewesen sein. Allerdings war er auch in der Vergangenheit nicht zimperlich, was Kontakte in die extreme Rechte anging, wie ein Porträt von uns auf AfD-watch-Hamburg zeigt: 2011 war er Teilnehmer einer Veranstaltung der rechtsextremistischen Kleinstpartei „Pro Deutschland“, damals schon geheimdienstliches Beobachtungsobjekt. 2015 berichteten NDR und taz über zahlreiche Facebook-Kontakte von Nockemann in die braune Szene. Und seit Mitte 2018 gehörte Nockemann auch zu den Facebook-Freunden von MMW-Chef Gardlo. 2015 sagte Nockemann dem Magazin Panorama "Ich war vorher Innensenator, und ich muss auch aus eigener Überzeugung genau abwägen, mit wem ich rede." 
Felix Krebs vom HBgR dazu: „Nach diesem augenscheinlich gut gelauntem Gespräch Nockemanns mit einigen der aktuell in Hamburg aktivsten Neonazis, dürfte die ureigenste Überzeugung des AfD-Chefs ebenso klar sein, wie die Glaubwürdigkeit der Abgrenzung nach rechts durch die Partei.“

Hamburger Bündnis gegen Rechts