Das gestrigen Gedenken an Ferhat Unvar, Hamza Kurtović, Said Nesar Hashemi, Vili Viorel Păun, Mercedes Kierpacz, Kaloyan Velkov, Fatih Saraçoğlu, Sedat Gürbüz, Gökhan Gültekin, die vor drei Jahren aus rassistischen Motiven von einem Rassisten erschossen wurden, nutzte die Hamburger Polizei zur Machtdemonstration und störte ein würdiges Gedenken durch Übergriffe auf Demonstrierende. Dies werten wir als Angriff auf die Gedenkveranstaltung von 2500 Menschen.
Statt einer deeskalierenden Einsatzstrategie, zeigte die Polizei bereits zum Auftakt massive Präsenz. Bereits hier stellt sich für uns die Frage nach der Verhältnismäßigkeit.
Unsere Bündnisdemo war klar als Gedenkveranstaltung angekündigt, es nahmen Überlebende und Betroffene rechter Gewalt an ihr Teil. Viele sind betroffen von der Gegenwart rechter Gewalt wie in Hanau und den bis heute bestehenden rechten Kontinuitäten auch in Polizeibehörden. Der Fall des Wilhelmsburger Polizisten, der sich im Kreis seiner Kollegen offen als rechter Verschwörungsideologe bekannte, wurde vor wenigen Wochen erst durch Dritte und nicht durch die Polizei bekannt. Vor diesem Hintergrund haben wir bei der Anmeldung der Demo darum gebeten, dass nicht das Polizei-Komissariat 44 des besagten Polizisten die Demo begleitet.
Auch in Hanau versagte die Polizei vor drei Jahren und konnte trotz Hinweisen von Betroffenen den Täter nicht am Morden hindern und schikanierte die Überlebenden und Angehörigen.
Das gerechtfertigte Misstrauen gegenüber Polizei wird von vielen Demonstrierenden geteilt und ist der zuständigen Polizei nicht unbekannt. Vor diesem Hintergrund ist bereits die Präsenz von hunderten Polizist*innen bei einer Gedenkveranstaltungen unangemessen und zeigt die mangelnde Sensibilität gegenüber Rassismus und rechter Gewalt in Deutschland. Zum Teil waren die Beamt*innen vermummt und behelmt, obwohl es dazu überhaupt keinen Anlass gab. Dass bei einer friedlichen Gedenkdemo mit ca. 2.500 Teilnehmenden, wegen einer Handvoll vermeintlich vermummter Teilnehmender, tatsächlich aber Infektionsschutz tragender Menschen, im Demoverlauf durch die BFE-Einheiten rausgegriffen wurden und damit das würdige Gedenken gestört wurde, verurteilen wir als Veranstalter*innen als unverhältnismäßigen Eingriff. Insbesondere an einem Tag an dem das zivilgesellschaftliche Zusammenkommen, Trauern und Gedenken im Vordergrund stehen, halten wir dies für besonders unerträglich. Und besonders perfide ist daran, dass, obwohl vorgeschrieben, nicht alle im Einsatz befindlichen Polizist*innen eine sichtbare Nummer trugen.
Wir vermuten, dass die Polizei nur allzu gern die vermeintlich vermummten Teilnehmenden als Vorwand missbrauchte, um nicht nur diese zu filmen, sondern darüber hinaus auch viele weitere, was gesetzlich nicht gedeckt ist. Uns berichteten mehrere Teilnehmende unabhängig voneinander, dass sie ohne ersichtlichen Grund abgefilmt wurden.
Nach der Auflösung der Demonstration zogen die Einsatzkräfte ab und gingen auf der Straße Richtung ihrer Einsatzfahrzeuge. Am Straßenrand stand eine Gruppe von Menschen, die sich unterhielten. Sie machten den sich nähernden Polizist*innen Platz. Doch das schien einem der Polizisten nicht gereicht zu haben und schubsten ohne Vorwarnung anlasslos eine Person beiseite.
Wir fragen uns, warum die Polizei so agierte und es so offensichtlich auf eine Eskalation anlegte? Vielleicht weil sie die Kritik an rechten Netzwerken in ihren Reihen nicht teilt? Das Verhalten der Einsatzkräfte war ein denkbar schlechter Beitrag, diesen Vorwurf zu entkräften.
Hamburger Bündnis gegen Rechts