Wie Endstation Rechts übereinstimmend mit Antifa-Seiten berichtet, trafen sich am 23. Juli etwa 20 Anhänger*innen der Reichsbürger-Gruppierung „Königreich Deutschland“ (KRD) in den Harburger Bergen, um sich zu vernetzen und ein Gemeinschaftsgefühl zu entwickeln. Das KRD fällt mit völkischer und antisemitischer Ideologie auf und versucht über Betriebsgründungen und Grundstückskäufe ihren Einflussbereich auszuweiten. Das Hamburger Bündnis gegen Rechts ergänzt dazu weitere Informationen zur Reichsbürger-Gruppierung „Königreich Deutschland“ in und um Hamburg.“
Nicht erst in den letzten Monaten haben koordiniert von der „Regionalstelle Nordwest“ vermehrt Treffen vom „Königreich Deutschland“ in Hamburg stattgefunden, so z.B. am 10-11. Juni zum Thema Systemausstieg mit knapp 30 Personen, am 24.6. bei Hamburg Lokstedt und am 8.7. zum Systemaufbau in Hamburg Marmstorf. Für den 27. August ist der nächste Reichsbürger-Spaziergang im nördlichen Hamburg geplant, das nächste Seminar am 30. September. Der Coach für die „Regionalstelle Nordwest“ und Administrator in nördlichen Telegram-Gruppen Andreas Lütge ist zudem kein Unbekannter. Wie Antifaschist*innen berichten, war Lütge mehrmals Redner auf Querdenken-Demonstrationen in Hamburg und Mitglied bei Querdenken-40. Ein Foto von Pixelarchiv zeigt Andreas Lütge als Sprecher einer Querdenken-Demo am 15.8.2020 mit offiziellem T-Shirt von Querdenken-40 in Hamburg.
Ein weiterer Administrator der regionalen Telegram-Gruppen, in denen um weitere Mitglieder geworben wird, ist Antifaschist*innen ebenfalls bekannt. Jens B. koordinierte laut dem HBgR vorliegenden Screenshots bereits 2020 die Vernetzung in der zwischenzeitig gelöschten Gruppe „Königreich Deutschland Infogruppe“. Auf Nachfrage nach Kontakten in Hamburg schrieb er im September 2020: „Es gibt sieben Regionalstellen. Mit Telegram-Gruppen. Nordwest (inkl. Hamburg), Nordost (inkl. Berlin), Eichsfeld / Göttingen, Dortmund, Leipzig / Jena / Chemnitz, Rhein-Main-Neckar, Ulm). Wenn ihr bei einer mitmachen wollt, schreibt bitte eine persönliche Nachricht an mich.“
Noch im August 2020 schrieb ein Mitglied der Gruppe bei Telegram: „Es gibt eine Regionalgruppe in Hamburg, diese nennt sich aber Regio Nordwest.“ Als Kontaktmöglichkeit wurde der Verein „Ich bin Mensch“ aus Kakenstorf bei Tostedt sowie der Regionalleiter für das Königreich Deutschland Jürgen Elsen angegeben. Die Emailadresse von Jürgen Elsen mit der Endung „@koenigreichdeutschland.org“ versieht die Person mit dem Hinweis „diese Adresse bitte nur an Staatszu- oder -angehörige weitergeben !!!)“.
Jürgen Elsen, der als Leiter vom „Königreich Deutschland“ für die Region Nordwest auftritt, ist im 2019 gegründeten Verein „Ich bin Mensch - Verein zur Förderung regionaler Kulturinitiativen und sozialer Gemeinschaftsentwicklung e.V.“ im Landkreis Harburg noch bis zum Jahresende 2022 als Vereinsvorstand und Kassenwart aktiv gewesen. Martina Hintz agiert seit Vereinsgründung als stellvertretende Vorsitzende. Der Verein der schon 2020 bei Telegram als Kontakt für Interessierte vom „Königreich Deutschland“ angegeben wird und in der Vereinssatzung auf der Webseite mit sinngemäßen Vereinszwecken des KRD auftritt, existiert weiterhin unter der Anschrift von Jürgen Elsen und Martina Hintz - offensichtlich als Tarnverein für das „Königreich Deutschland“. Der aktuelle Vorsitzende ist Bastian Schikora aus Hamburg, als neuer Kassenwart sitzt Dr. Marc Opitz aus Handeloh für den KRD-Verein im Vorstand. Jürgen Elsen war bereits vor Jahren mit der „Initiative Lauschraum Nordheide“ aus Kakenstedt beim Online-Marktplatz „KaDaRi“ eingetragen, auf dem mit der Währung des Scheinstaates Dienstleistungen innerhalb des KRD vermarktet werden. Der Verein „Ich bin Mensch“ mit neuer Hamburger Führung lässt neben der Satzung vereinzelt Bezüge zur Reichsbürger-Ideologie des KRD erkennen z.B. wird der BRD-Euro erwähnt, Projekte zur solidarischen Landwirtschaft vorgestellt, von Fremdbestimmung / Fremdorganisation gesprochen, zwischendurch taucht auch ein Beitrag von 2019 vom umstrittenen Hamburger TU-Professor Ralf Otterpohl zum „neuen Dorf“ und etwas Esoterik auf.
Im letzten Bundesverfassungsschutzbericht steht nichts zu den beiden Bundesländern Hamburg oder Niedersachsen über das „Königreich Deutschland“. In Niedersachsen findet sich erstmals 2022 ein Eintrag zum KRD, der die Aktivitäten des Regionalleiters Nordwest allerdings nicht erwähnt: „In Niedersachsen sind bisher nur sehr vereinzelt Aktivitäten der Gruppierung „Königreich Deutschland“ zu verzeichnen.“ Hamburger Verfassungsschutzberichte erwähnen das „Königreich Deutschland“ bis heute mit keiner einzigen Silbe.
Dabei sind bundesweit vermehrt Aktivitäten vom „Königreich Deutschland“ wahrzunehmen - einhergehend mit der Radikalisierung. Auf der KRD-Webseite stellten 2 Mitglieder des KRD unlängst ihren Podcast vor, in dem die Bewaffnung des Königreichs Deutschland laut ihrer eigenen Verfassung skizziert wird. Demnach sei die Peter Fitzek unterstellte Verteidigungsarmee nur für Deutsche und selbst im Konfliktfall freiwillig, weiter sei es jedoch wichtig, dass alle Mitglieder Selbstverteidigung trainieren, um den Körper als Waffe einsetzen und sich im Verteidigungsfall gegen Bedrohungen wehren zu können. In der KRD-Verfassung steht dazu: "Der Staat hat jedoch darauf hinzuwirken, daß jedem Deutschen (...) Wissen über Selbstverteidigung mit und ohne Waffen vermittelt wird" und weiter "Bewaffnete Formationen dürfen nur insoweit gebildet und erhalten werden, wie es zur Versehung des Polizeidienstes und zur Aufrechterhaltung der Ordnung im Innern oder gegen außen notwendig erscheint."
"Das Konzept eines monarchistischen Fantasie-Staats mit hoheitlichen Befugnissen, eigener Armee und geplanter Bewaffnung, dessen Anführer glaubt, sein Reich existiere in Wirklichkeit statt der Bundesrepublik auf dem selben Staatsgebiet, ist brandgefährlich für ein friedliches Miteinander", warnt Kim Fedders vom Hamburger Bündnis gegen Rechts. "Da Reichsbürger-Gruppierungen wie das KRD dieses Projekt über Jahre nahezu ungestört weiterentwickeln und unbehelligt Vereinsstrukturen gründen konnten, lässt das wiedermal keinen anderen Schluss zu, als dass die Sicherheitsbehörden die extrem rechte Reichsbürger-Szene in Norddeutschland massiv unterschätzen und die Politik die Füße still hält."
Hamburger Bündnis gegen Rechts