Hamburger Abendblatt, Edgar S. Hasse
Vor wenigen Tagen veröffentlichte das Abendblatt einen Beitrag über die Kinder-Euthanasie während des Dritten Reiches in Hamburg – jetzt hat dieser Artikel das Leben einer Zeitungsleserin völlig verändert. Das Abendblatt hatte über die Rahlstedter Kinderärztin Ingeborg Wetzel (1912-1989) berichtet, der die Ermordung von mindestens sechs Kindern nachzuweisen ist. In ganz Hamburg wurden während der NS-Zeit rund 80 kranke und behinderte Kinder ermordet.
Die Lektüre des Abendblatt-Artikels löste bei einer Leserin blankes Entsetzen aus: Annegret Schröder, 69, nach dem Krieg Auszubildende ausgerechnet bei der Rahlstedter Todesärztin in der Amtsstraße 2. Annegret Schröder hat erst jetzt aus der Zeitung erfahren, wer ihre damalige Chefin wirklich war. "Ich habe von all dem nichts gewusst", sagt die gelernte Arzthelferin, die inzwischen in Wedel lebt. "Frau Dr. Tyrolf-Wetzel war eine sehr beliebte und sehr gute Kinderärztin."
Bereits als Kind lernte Annegret Schröder die Rahlstedter Ärztin kennen. Später entschloss sie sich, selbst im medizinischen Bereich zu arbeiten. Annegret Schröder begann ihre Ausbildung Anfang der 1960er-Jahre bei der von ihr geschätzten Kinderärztin, die damals mit dem Juristen Tyrolf verheiratet war. "Das war ausgerechnet einer ihrer früheren Ermittlungsrichter", sagt der Celler Historiker Andreas Babel, der diesen Fall jetzt näher erforscht und demnächst das Buch "Kindermord im Krankenhaus" veröffentlicht.
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