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Die Welt, Per Hinrichs
Lange wurde halbherzig gegen die Täter des Pogroms von Sant'Anna di Stazzema ermittelt. Nun ist einer der letzten noch lebenden SS-Männer zu krank, um angeklagt zu werden. Ist er wirklich so schwach?
Der Ort Sant'Anna di Stazzema ist wie geschaffen dafür, deutsche Wunschvorstellungen von Italien zu transportieren. Hier, in der nördlichen Toskana, am Südrand der Apuanischen Alpen, haben Besucher auf den Hügel der Gemeinde einen Blick auf die ligurische Küste und können sich in der Trattoria "La Casetta" mit lokalen Käsesorten, Wein oder dem traditionellen Kastanienkuchen eindecken. Die Landschaft ist genau so "sanft hügelig", wie es in den Reiseberichten steht, und die Häuser alt und windschief und charmant. Ja, und eine Gedenkstätte gibt es hier.
Am 12. August 1944 veränderte sich der Charakter des Dorfes für immer. Etwa 220 Soldaten einer deutschen SS-Einheit stürmten in die Siedlungen und ermordeten mindestens 364 völlig unschuldige Menschen. Ein "Einsatz zur Partisanenbekämpfung" sollte das gewesen sein. Es war in Wahrheit ein Massaker.
Nie ist ein Mann dafür zur Verantwortung gezogen worden. Und nun ist der letzte mögliche Prozess gegen einen der noch lebenden Täter endgültig geplatzt: Der Hamburger Gerhard Sommer, 93, war an besagtem Tag beim Morden dabei – und kann wegen dauerhafter Verhandlungsunfähigkeit nicht mehr angeklagt werden.
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