Uncategorized

Junge Welt, Intervies: Gita Düperthal

Für Samstag planen Rechte einen Aufmarsch in Hamburg. Der wurde aber erst einmal verboten. Ein Gespräch mit Olaf Harms

Olaf Harms ist Landesvorsitzender der Gewerkschaft ver.di in Hamburg, sowie ein Sprecher des Hamburger Bündnisses gegen Rechts

Das Hamburger Innensenat hatte vergangene Woche einen für diesen Samstag beabsichtigten Aufmarsch von Nazis unter dem Motto »Tag der Patrioten« untersagt. Nach deren Klage hat das Verwaltungsgericht Hamburg am gestrigen Mittwoch das Verbot noch einmal bestätigt. Fällt nun die geplante Gegendemonstration des »Hamburger Bündnis gegen Rechts« (HBGR) aus?

Keineswegs, wir mobilisieren weiter, es ist noch nichts entschieden. Nun kommt es darauf an, ob die Anmelder des Aufmarschs – Thorsten de Vries, Jan-Steffen Holthusen und Bernhard Wessling – die juristischen und finanziellen Risiken eines Gangs in weitere Instanzen in Kauf nehmen. Das Verwaltungsgericht hat das Verbot mit zu erwartenden Gewalttaten der Veranstalter begründet, welche der Anmelder nach Einschätzung des Gerichts nicht unterbinden könne. Das ist eine Klatsche für die Nazis. Diese Argumentation hebt nicht nur auf polizeilichen Notstand ab, sondern auf die rassistische Gewalt der Hooligans.

Für den Fall einer endgültigen Niederlage der Nazis werden wir mit einer Jubeldemo vom Hachmannplatz durch die Innenstadt unseren Erfolg feiern. Wir begrüßen hierbei die Haltung des Hamburger SPD/Grünen-Senats – obgleich von ihm leider keine eindeutigen Signale zur Entwicklung hin zur flüchtlingsfreundlichen Stadt ausgehen. Wollte der Senat tatsächlich ein Zeichen gegen Rechts setzen, müsste er der Gruppe der Lampedusa-Flüchtlinge endlich sagen: Ihr seid hier, um zu bleiben. Doch letztlich ist auch bei allen Differenzen klar: In Abwehr gegen die Nazis stehen wir zusammen.

Was braut sich da zusammen, wenn Neonazis, rechte Hooligans und Rassisten zusammen in Hamburg auf die Straße gehen?

Strippenzieher sind altbekannte Nazis im Umfeld von Thorsten de Vries. Er wurde mehrfach wegen Gewaltdelikten verurteilt und war lange Jahre für Kameradschaften, NPD und Hooligans aktiv. Neu ist, dass erstmals offen agierende Nazis gemeinsam mit Pegida (Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes) und Co. auftreten und zugleich an rassistische Aufmärsche von HoGeSA (Hooligans gegen Salafisten) anknüpfen wollen. Die Nazis wollen aus ihrer Schmuddelecke rauskommen und in ein scheinbar harmloseres rechtsgerichtetes Spektrum hineinwirken.

Welches Klima herrscht in Hamburg und wie haben sich Pegida, HoGeSa und wie sie alle heißen, entwickeln können?

Immer wieder hatten Nazis Versuche gestartet, bei denen sie glaubten, die Meinungshoheit in Hamburg erobern zu können, etwa am 1. Mai 2008. Es ist ihnen aber nicht gelungen, da 10.000 Menschen damals dagegen demonstriert hatten. Auch als sie sich am 1. Juni 2012 zu einem sogenannten »Tag der deutschen Zukunft« versammeln wollten, hatten Tausende mit einem Demonstrationszug und Blockaden dagegen gehalten. Damals hatten die Bürgerschaft und der Senat von SPD und Grünen aktiv verdeutlicht, dass sie keine Nazis in der Stadt wollen – unter anderem mit Infoständen oder Workshops von Behörden. Ansätze ihres Wurmfortsatzes Pegida 2014 waren kläglich gescheitert; HoGeSa ist als politische Kraft bislang nicht in Erscheinung getreten.

Gibt es in den DGB-Gewerkschaften unterschiedliche Auffassungen, wie rechtsextreme Aufmärsche zu bekämpfen sind?

In Hamburg sagt der DGB in langer Tradition: »Wir wollen dieses Pack hier nicht«, so wie auch das HBGR, bei dem ver.di-Hamburg Mitglied ist. Wir aber rufen zusätzlich zu zivilem Ungehorsam und Blockaden auf, sollte den Nazis doch ein Aufmarsch genehmigt werden; wir werden genau dort sein, wo auch immer sie marschieren. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Mutlangen-Urteil verdeutlicht: Der Staat muss auch solche Protestformen hinnehmen. Der DGB ruft dazu nicht auf, weil er fürchtet, Menschen könnten zu Schaden kommen. Wir sehen es anders: Die Polizei muss sich so verhalten, dass es keine Eskalation gibt.