Süddeutsche Zeitung, Andreas Müller
Wegen der Ermordung von mehr als 500 Menschen im italienischen Sant Anna wird endgültig keine Anklage erhoben. Grund: der heute 94-jährige Kompaniechef ist dement. Die Überlebenden üben scharfe Kritik an der Stuttgarter Justiz, die die Ermittlungen verschleppt habe.
Erschießungen nahe Sant Anna: bei dem Massaker 1944 starben mehr als 500 Menschen Foto: Stuttgart – Das Nazi-Massaker im italienischen Bergdorf Sant Anna wird in Deutschland wohl endgültig nicht mehr in einem Strafprozess aufgearbeitet. Gut 71 Jahre nach der Tötung von mehr als 500 Zivilisten durch die Waffen-SS kämpfen die Überlebenden nicht länger darum, dass gegen den einstigen Kompaniechef Gerhard S. Anklage erhoben wird. Ihre Anwältin hat jetzt entschieden, die Einstellung der Ermittlungen gegen den 94-Jährigen durch die Staatsanwaltschaft Hamburg nicht mit einem sogenannten Klageerzwingungsantrag anzufechten. Damit ist das Verfahren gegen S., der wegen Demenz als dauerhaft verhandlungsunfähig gilt, aller Voraussicht nach für immer beendet; nur wenn völlig überraschend neue Tatsachen bekannt würden, könnte es theoretisch wieder aufleben.
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