Das Hamburger Bündnis gegen Rechts beteiligte sich am 2. Ohlsdorfer Friedensfest mit einem eigenen Programmteil am 25.07.2010.
Vom 24. Juli bis 8. August finden zahlreiche kulturelle Veranstaltungen an den Sammelgräbern der Bombenopfer auf dem Friedhof Ohlsdorf statt, umder Opfer des Zweiten Weltkrieges und des Nationalsozialismus zu gedenken.Der Hamburger Feuersturm im Juli und August 1943 hat zahlreiche Opfer unter den Hamburgerinnen und Hamburgern verursacht, viele Überlebende traumatisiert und tiefe Spuren im Stadtbild hinterlassen. Diese Katastrophe war kein Naturereignis, sondern ein Ergebnis der nationalsozialistischen Herrschaft.
Die Opfer des Bombenkrieges dürfen nicht dazu missbraucht werden, die Ursachen des Zweiten Weltkrieges umzudeuten und die Verbrechen desNationalsozialismus zu relativieren. Neonazis haben dies in der Vergangenheit durch Kundgebungen auf dem Friedhof immer wieder versucht. Mit dem Ohlsdorfer Friedensfest treten wir auch diesen Versuchen entgegen.
Die Botschaft dieses Geschichtsabschnitts lautet „Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus“ für die heutigen und die kommenden Generationen geht es darum, sie unmissverständlich auszusprechen. Mit dem Ende der Generation, die Bombenkrieg und Nationalsozialismus erlebt hat, hört die Tradition der mündlichen Überlieferung auf. Deshalb müssen neue Formen der Erinnerung gefunden werden.
Die Trauer um die Opfer braucht einen Raum. Im Nachkriegsdeutschland verhinderte die Verdrängung deutscher Kriegsverbrechen, ungeklärte Schuldfragen und der Alltag im aufkommenden Wirtschaftswunder ein angemessenes Gedenken.
Wir fragen heute: Wer waren die Opfer des Bombenkrieges? Wie konnte es so weit kommen? Mitten im Krieg gab es Verfolgung und Widerstand. Welche Opfer waren hier zu beklagen? In welchem Zusammenhang stehen Nazidiktatur, Verfolgung und Krieg?
Das Ohlsdorfer Friedensfest setzt sich in vielen verschiedenen Teilveranstaltungen mit diesen Fragen auseinander.
Programmübersicht
24.07.2010 Auftakt
15.00 Auftaktveranstaltung
und Eröffnungsansprache von Michael Grill
15.30 und 16.45 spielt die Gruppe Rotdorn
15.45 Theater mit dem Jugendcamp des Volksbund
25.07.2010
11.00-12.30 Film: Unversöhnliche Erinnerung
12.45 Die „Zuerst-Kampagne“ des Hamburger Bündnisses gegen Rechts
13.00-13.30 Lesung: „Die Bücherdiebin“
14.00 Vortrag mit Diskussion „Geschichtsrevisionismus“
15.45 Lesung: „Neger,Neger, Schornsteinfeger“
28.07.2010
Volksbund deutsche Kriegsgräberfürsorge Hamburg e.V. bietet eine Fahrradtour zu den Kriegsgräberstätten
31.07.2010
14.30 Lesung Lüders-Briefe, Gedichte
Rundfunkberichte über Feuersturm (mit O-Ton) Psychosoziale Arbeit mit Verfolgten e. V.
Musik verbotener Komponisten. Reinhard Otto ist aktiv beim Barmbeker Schallarchiv und sein Schwerpunkt sind Schellackplatten mit verbotener Musik (z. B. Swing). Er hat nicht nur ein Grammophon, sondern auch Geschichten dazu.
16.00 Podiumsdiskussion zur Erinnerungskultur zu Bombenkrieg und Faschismus
01.08.2010
10.30 Führung des Förderkreises Ohlsdorf
11.00 Lesung zu den Valvo-Frauen und Gedenken an ihren Gräbern
12.30 Film: „Por la Vida“ - Esther Bejerano und Microphone Mafia
14.00 - 17.00 Erinnern: Lesben im Faschismus
Intervention e.V. erinnert an die besondere Verfolgung lesbischer Frauen und deren Infrastruktur durch die faschistische Diktatur. Bei Kaffee, Tee und Kuchen lesen wir Texte über Zeitzeuginnen, lauschen lesbischen Klängen vor und nach dem Faschismus, gehen in uns und gestalten eine Erinnerung.
04.08.2010
15.00 Kulturcafe - Gespräche zum Thema Bombenkrieg im Zelt
07.08.2010
15.00 - 17.00 Filmische Darstellungen von ZeitzeugInnen (Volksbund deutsche Kriegsgräberfürsorge Hamburg e.V.)
08.08.2010 – Abschlussveranstaltung
14.30 - 17.30 Dauerlesung, organisiert von der Bredelgesellschaft
18.00 - 19.00 Abschluss: Photopräsentation über die vergangenen Wochen
Presse:
-
taz, 22.07.10 Wie Neonazis ein Gedenktag streitig gemacht werden soll
-
taz, 07.08.10 Gegen Krieg und Vergessen
Naziaufmarsch auf dem
Ohlsdorfer Friedhof
verhindert
Presseerklärung des Hamburger Bündnis gegen Rechts (25.07.10)
Alljährlich veranstaltet die Hamburger Naziszene am Mahnmal für die Hamburger Bombenopfer auf dem Ohlsdorfer Friedhof schaurige Aufmärsche mit Fahnen, Kranzablage und geschichtsrevisionistischen Reden. Doch am Sonntag konnte diese Provokation erfolgreich verhindert werden.
Zum zweiten Mal findet dieses Jahr das Ohlsdorfer Friedensfest statt, welches von verschiedenen friedenspolitischen und antifaschistischen Organisationen veranstaltet wird. Es findet statt, um den Nazis nicht nur den Ort streitig zu machen, sondern vor allem um den historischen Kontext zu erläutern. Bevor die alliierten Bombardierungen Hamburgs 1943 stattfanden, hatte das Deutsche Reich bekanntlich schon halb Europa verwüstet. Vor der Bombardierung Hamburgs gab es die Bombardierungen von Guernika, Coventry und Rotterdam. Ein Umstand den die heutigen Neonazis gerne verleugnen. Die individuelle Trauer um die Opfer des Bombenkrieges wird von den Neonazis missbraucht, um die Ursachen des Zweiten Weltkrieges umzudeuten und die Verbrechen des Nationalsozialismus zu relativieren.
Gestern war das Programm des Friedensfestes schon zu Ende, nur eine Handvoll AktivistInnen waren noch mit dem Aufräumen beschäftigt, als plötzlich ca. 30 Neonazis aus NPD und Kameradschaften vor dem Mahnmal aufmarschierten. Die Polizei erschien jedoch schnell in größerer Anzahl und verhinderte das Betreten des Mahnmals. Viele mussten ihre Personalien abgeben und erhielten Platzverweise; ihren Trauerkranz und ihre schwarzen Fahnen mussten die belämmert drein guckenden Nazis wieder einpacken. Erschienen war der harte Kern der Hamburger Szene. NPD-Vorsitzender Torben Klebe brachte seine Parteifunktionäre Jan-Steffen Holthusen und Raphael Niemann mit, von den Freien Nationalisten kam das Pärchen Tobias Thiessen und Inge Nottelmann. Die Naziburschenschaft Chattia Friedberg war durch Johannes D. vertreten und der ehemalige DVU-Vize Robert Valkovic widersetzte sich hartnäckig den Anordnungen der Polizei.
Dieses Mal haben die Nazis eine Pleite auf ganzer Linie erlitten. Es bleibt zu hoffen, dass die Friedhofsverwaltung endlich Anzeigen wegen der versuchten Durchführung einer nicht angemeldeten Veranstaltung auf dem Friedhof tätigt. Sonst droht sich das braune Spektakel spätestens im nächsten Jahr zu wiederholen.
Hamburger Bündnis gegen Rechts
Nazikranz reif für den Kompost