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Offener Brief: Wofür Frei? - Mit wem Wild? - Kein Frei.Wild-Konzert in Hamburg

Offener Brief des Hamburger Bündnis gegen Rechts

Wir fordern:

  • Kein Frei.Wild-Konzert in Hamburg!
  • Sofortige Einstellung der kritiklosen Werbung für völkische Musik durch www.hamburg.de!
  • Garantierten Schutz vor rassistischen Übergriffen für Flüchtlinge in Hamburg!

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An die Geschäftsführung der O2-World Hamburg,
das Stadtportal www.hamburg.de,
die Hamburger Medien
 
Am 23. April 2015 soll die umstrittene Band Frei.Wild im Rahmen einer Album-Tournee in der „O2 World“ in Hamburg spielen. Es gibt viele Gründe dagegen zu sein, dass Frei.Wild dort ein Konzert veranstaltet, einigewollen wir hier deutlich machen. Wir stehen mit unserer Kritik nicht
alleine. Der Schleswiger SPD-Fraktionsvorsitzende Stephan Dose, in seiner Stadt soll im August ebenfalls ein Frei.Wild-Auftritt stattfinden, bezog vor einem Monat deutlich Stellung. „Diese Band ist nach meiner Auffassung klar rechtsradikal. Jede offizielle Distanzierung ist nur eine Masche.“
 
Identitätsrock mit völkischen Zutaten und Goebbels Zitat
 
Um die politische Haltung der Band und ihres Umfelds zu verstehen hilft es sehr sich ihre Songtexte und Positionierungen in der Öffentlichkeit anzuschauen. Eindeutig völkisch äußert sich die Band zu der rechten, deutschtümelnden, mitunter terroristischen, Autonomiebestrebungen von Südtirol. Im Song „Südtirol“ heißt es: „Südtirol, sind stolze Söhne von dir / Unser Heimatland, wir geben dich nie mehr her / Südtirol, deinen Brüdern entrissen / Schreit es hinaus, dass es alle wissen / Südtirol, du bist noch nicht verlor'n / In der Hölle sollen deine Feinde schmor'n“. Dazu stellte Dirk Willking, Rechtsextremismus-Experte und Geschäftsleiter des Brandenburgischen Instituts für Gemeinwesenberatung fest: „Im Lied „Südtirol“ etwa wird eindeutig Italien angegriffen: Südtirol soll nicht mehr zu Italien gehören, vielmehr wollen sie etwas Grossdeutsches. Es ist ein klassisches Modell der rechtsextremen Szene, dass die Staatengeografie Europas in Frage gestellt wird.“

Weiter heißt es im Song „Wahre Werte“: „Da, wo wir leben, da wo wir stehen / Ist unser Erbe, liegt unser Segen / Heimat heißt Volk, Tradition und Sprache / Für uns Minderheiten eine Herzenssache / Das, was ich meine und jetzt werft ruhig Steine / Wir sind von keinem Menschen die Feinde / Doch wir sind verpflichtet, dies zu bewahren / Unser Tirol gibts seit zwölfhundert Jahren“.

Hier wird außer der behaupteten Natürlichkeit der Heimat noch eine weitere Position der Band deutlich und zwar die Behauptung Opfer des schlimmen „linken Mainstream“ zu sein. Gegenüber Kritik wird mit der bekannten Schutzbehauptung der angeblichen Liberalität gearbeitet: „In Südtirol gibt’s nun mal Skins, die auch das Recht haben, auf Konzerte zu gehen. Solange sich die Leute benehmen, bin ich sicher der Letzte, der sagt: 'Du darfst nicht reinkommen.' Warum? Mit welchem Recht? Nur, weil er anders denkt, weil er was anderes wählt? Wenn er die Leute nicht
vollquatscht, denen nicht seine Meinung aufbindet und so weiter, dann kann ich ehrlich zu ihm sagen: 'Willkommen, aber benimm’ dich!'“
sagte Sänger Philipp Burger dazu in einem Video-Interview.

Trotz jahrelanger Kritik, bedienten sich die Texter von Frei.Wild  jüngst sogar bei einer Goebbels-Rede. „'Sturm, brich los' ist ein allgegenwärtiger Slogan. Man wälzt beim Schreiben von Songs ja nicht jedes Mal die Geschichtsbücher,“ rechtfertigte Frontmann Burger dies gegenüber dem Spiegel erst letzte Woche. Man kann sich schon Gruppen vorstellen bei
denen „Sturm, brich los“ ein allgegenwärtiger Slogan ist, aber aus Goebbels Sportpalast-Rede („Wollt ihr den totalen Krieg?“) zu zitieren, gehört wahrscheinlich bei nicht allzu viele Menschen zum Alltag. Der Habitus ist recht eindeutig, doch gegenüber der Öffentlichkeit wird
immer wieder in Interviews und Stellungnahmen beteuert, man sei „unpolitisch“ und eine „normale“ Rockband, dass die Kritik überzogen wäre und es sich bei negativen Presseberichten um eine „Kampagne“ gegen die Band handeln würde. Das ist zum einen der Angst vor rückläufigen Verkaufszahlen geschuldet, zum anderen aber geübte und bekannte Praxis rechter Bands, die aus politischen Effizienzgründen aus der Schmuddelecke
wollen.

Die Konzeption der Band Frei.Wild lässt sich dem Identitätsrock zuordnen, wie es auch der Undercover-Journalist und Rechtsrockexperte Thomas Kuban in der Süddeutschen Zeitung analysierte. Es wird versucht, mit der Behauptung „wir sind wie du“ und „du bist ok, wie du bist und wir sind genau so“ eine gemeinsame Identität zu stiften.

„Verzweifle nicht, öffne deine Augen, / öffne dein Herz, schrei ihn raus diesen Schmerz. / Manchmal, ja, kommt man alleine nicht an, / wir halten zusammen - Mann für Mann!“ (Song: „Irgendwer steht dir zur Seite“) Beispiele dieser Art gibt es in den Songtexten von Frei.Wild häufig, da die (negative – wir gegen euch) Identitätsstiftung ein Querschnittthema aller Frei.Wild-Texte ist. Das kollektive Wir, dass beschworen wird, ist heimatverbunden, nationalbewusst, rückwärtsgewandt und - zumindest implizit - bio-deutsch sowie meist männlich und heteronormativ.

Bei der Band Frei.Wild handelt es sich um einen perfiden, musikalisch beliebigen und  politisch hochgefährlichen Versuch rechte Versatzstückeunter (hauptsächlich) Jugendlichen zu verbreiten. Diesen Versuchen von Rechten müssen sich alle demokratischen Kräfte gemeinsam entgegenstellen um den braunen Sumpf der Menschenfeindlichkeit auszutrocknen und für eine friedliche, kooperative Kultur zu wirken.
 
NPD und Hamburgs offizielles Stadtportal begeistern sich für Frei.Wild
 
Vor dem geschilderten Hintergrund sind wir wenig verwundert, dass die völkisch beeinflussten Texte von Frei.Wild nicht nur, aber auch, Fans aus der extremen Rechten anziehen. Wer Volk, Nation und Heimat im hymnischen Balladen besingt, darf sich nicht wundern, dass die NPD begeistert ist: "Frei.Wild ist vielleicht nicht 100 Prozent bei uns auf Linie, aber doch 80 Prozent. Und 30 Prozent davon geben sie zu", sagte NPD-Funktionär Patrick Schröder 2012. Und in einem Werbebrief an ErstwählerInnen warb die Nazipartei erst 2014 mit dem Bezug auf die Band und ihrer Liedzeile, „Das ist das Land der Vollidioten, die denken Heimatliebe ist gleich Staatsverrat.“ Die letztes Jahr verbotene, militante Organisation Freies
Netz Süd, warb 2010 ebenfalls mit einem Frei.Wild-Song und nutzte ein Konzert in Fürth zu Propagandazwecken. Entsetzt sind wir jedoch über den Beitrag von www.hamburg.de, dem
„offiziellen Stadtportal für die Hansestadt Hamburg.“ Hier werden das geplante Konzert und die Band in den höchsten Tönen gepriesen. Anscheinend hat man sich hier, obwohl die Kontroverse um Frei.Wild seit Jahren bundesweit in den Feuilletons der großen Medien ausgetragen wird, vollkommen unkritisch der Selbstdarstellung der Band bedient. Im Namen der Stadt Hamburg heißt es dort im brachialen Ton: „Ja, das sind sie, ja das ist diese Band welche die Schädel unbelehrbarer Geister zu brechen vermag ... Keine andere Band der letzten Jahre kann von sich behaupten, dermaßen wertvolle Präventivarbeit gegen alle politische Extreme geleistet zu haben, wie diese deutsch singende Rockband aus Südtirol, die im Begriff Heimat die Basis des zufriedenen Lebens sieht.“

Es mag schon verwundern, dass ein Informationsportal der Stadt kostenlos Werbung für eine rein kommerzielle Veranstaltung macht. Völkische und nationalistische Texte jedoch als Präventionsarbeit gegen (Rechts-)Extremismus zu verkaufen ist unerträglich.
 
Nazigewalt verhindern, Flüchtlinge schützen!
 

Frei.Wild gelten sowohl Fans, als auch KritikerInnen als die musikalischen Erben der Böhsen Onkelz. Einer Band die ebenfalls eine Nazivergangenheit hat und mit dieser Vergangenheit, politischer Unkorrekheit und einem underdog-Image, aber auch mit Gewalt kokettiert. Um Gewalt geht es  auch in dem Frei.Wild-Song „Nenn es Zufall, nenn es Plan“ in dem es heisst:
„Wir haben es getan, haben es gemacht/  Haben Leute verdroschen, über die Folgen nicht nachgedacht / Wir haben die Straßen der Stadt für uns in Anspruch genommen / Keine Gefangenen gemacht / Wir haben gesoffen und geboxt, standen oft vorm Richter / Keine Reue, haben darüber gelacht“ Gelegentlich bleiben solche Texte nicht ohne Folgen. Im Januar 2012 berichteten sächsische Medien über einen Überfall auf eine aus Kenia
stammende Frau. Die Täter sollen laut Zeugenaussagen von einem an dem Tag veranstalteten Frei.Wild-Konzert gekommen sein. Als im gleichen Jahr Ende März in dem kleinen Örtchen Pahlen in Schleswig-Holstein eine Initiative gegen Rechts vor der Konzerthalle protestierte, flogen Flaschen auf die knapp 50 Jugendlichen. Andere Frei.Wild-Fans riefen „Zick, zack, Zigeunerpack“ und einen Klassiker aus der Neonaziszene: „Eine U-Bahn bauen wir, von Pahlen bis nach Auschwitz.“ Das indizierte Original, in dem es
„von Jerusalem bis nach Auschwitz“ heißt, stammt von der Rechtsrockgruppe Kommando Freisler, schrieb Die Zeit. Im April 2013 berichtete die Schweriner Volkszeitung über Randale nach einem Frei.Wild-Besuch in der Stadt. „Prügeleien, vier Körperverletzungen, zerschlagene Wartehäuschen des Nahverkehrs, sieben Diebstähle – das ist die Bilanz des Konzertes“
schrieb die SVZ.

Wie unverhohlen gewaltaffin Teile der Fans sind, zeigt auch ein inzwischen gelöschtes youtube-Video, bei dem ein Naziskinhead zu dem Song „Halt Deine Schnauze“, auf ein wehrloses, am Boden liegendes Opfer eintritt. Das Frei.Wild-Fanvideo wurde knapp drei Millionen Mal angeklickt.

In unmittelbarer Nähe zum Veranstaltungsort O2-World befindet sich auf dem Parkplatz "Braun" eine große Zentrale Erstaufnahme für Flüchtlinge mit über Tausend geflüchteten Menschen. Angesichts der im letzten Jahr drastisch angestiegenen Angriffe auf Flüchtlinge und ihre Unterkünfte in Deutschland, zuletzt beispielsweise in Tröglitz, sind wir um die
Sicherheit der Menschen in der Schnackenburgallee besorgt. Der Bürgermeister von Schleswig, Arthur Christiansen, kündigte für einen Auftritt der Band im August 2015 erhöhte Sicherheitsvorkehrungen an, weil er von einer „abstrakten Gefahr“ ausgehe, wie er dem dortigen Kulturausschuss darlegte. Sollte das Frei.Wild-Konzert in Hamburg nicht
abgesagt werden, so erwarten wir von den verantwortlichen Veranstaltern, wie auch der Innenbehörde, einen ausreichenden Schutz der Flüchtlinge in der Schnackenburgallee auch an diesem Abend zu garantieren.

Wir fordern:

  • Kein Frei.Wild-Konzert in Hamburg!
  • Sofortige Einstellung der kritiklosen Werbung für völkische Musik durch www.hamburg.de!
  • Garantierten Schutz vor rassistischen Übergriffen für Flüchtlinge in Hamburg!

 
Hamburger Bündnis gegen Rechts
14. April 2015

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