Hamburger Abendblatt, Sebastian Bronst
Historiker versuchen zu erklären, warum aus Reservisten – unter ihnen Friseure und Hafenarbeiter – Erfüllungsgehilfen des NS-Regimes wurden
Der Weg in den Abgrund führt über unbefestigte Landstraßen, vorbei an Hügeln und Kiefernwäldern. Der Morgen dämmert, als die Polizisten aus Hamburg von ihren Lastwagen steigen und sich vor dem Ortsrand eines kleinen polnischen Städtchens im Halbkreis um ihren Kommandanten aufstellen. Die meisten ahnen es noch nicht, aber wenige Stunden später werden sie Massenmörder sein. Mit Blut und Hirn beschmiert, werden viele von ihnen Verbrechen begangen haben, die sie wohl für undenkbar gehalten haben. Und es wird nur ein Anfang gewesen sein.
Die Männer in den grünen Felduniformen der Polizei, die sich im Morgengrauen des Kriegssommers 1942 vor 70 Jahren zur Befehlsausgabe versammeln, sind keine sorgfältig ausgewählten Henker. Das im deutsch besetzten Polen stationierte Reserve-Polizeibataillon 101 besteht aus Hafenarbeitern, Kellnern, Friseuren und Büroangestellten, angeführt von einigen Berufspolizisten als Offizieren.
Weiterlesen