taz-nord, Interview von Petra Schellen
"In den Tod geschickt": Eine Ausstellung in Hamburg erinnert erstmals gemeinsam an die Deportation von Juden, Sinti und Roma während des "Dritten Reichs". Der Hamburger Historiker Ulrich Prehn erklärt, wie die Verfolgung organisiert wurde
taz: Herr Prehn, wie viele Sinti und Roma sind aus Norddeutschland deportiert worden?
Ulrich Prehn: In Hamburg gab es drei größere Deportationen. Die erste fand am 20. Mai 1940 statt. Soweit heute bekannt, wurden an diesem Tag 910 Sinti und Roma ins so genannte Generalgouvernement ins polnische Belzec deportiert. Darunter befanden sich auch Menschen aus vielen Städten und Landkreisen Schleswig-Holsteins und Niedersachsens. Aus Lübeck, Kiel oder Bremen etwa. Am 11. März 1943 wurden 328 Roma und Sinti von Hamburg aus nach Auschwitz deportiert, am 18. April 1944 weitere 26.
Wo im Norden lebten denn besonders viele Sinti und Roma?
Schwer zu sagen. Schon vor 1933 versuchten die Städte, Sinti und Roma loszuwerden. In Hamburg etwa versuchte man sie in die Vorstädte Wandsbek, Altona und Harburg abzuschieben. Mit dem Groß-Hamburg-Gesetz von 1937, das Altona, Harburg-Wilhelmsburg, Wandsbek und Bergedorf eingemeindete, wurde diese Praxis hinfällig. Von diesem Moment an fielen die Sinti und Roma in die Fänge der Hamburger Sozialbehörde, vor allem der Abteilung für Wohnungslose und Wanderer im Landesfürsorge-Amt und der Kriminalpolizei-Leitstelle Hamburg.