Kommentar von Christian Semler, taz
Jetzt ist häufig zu hören, es wäre falsch, weiterhin die Thesen von Sarrazin zu kritisieren. Wir sollten uns vielmehr den Defiziten bei der Integration der MigrantInnen zuwenden. Dabei wird oft betont, dass Sarrazin zwar zum Teil einer pseudowissenschaftlichen Denkweise erliege und sich im Ton vergreife, er aber auf reale Probleme aufmerksam mache. Deshalb sei es auch falsch, Sarrazin jetzt zu "entsorgen", wie der Neuköllner Bürgermeister Buschkowsky es nannte. Mit seiner Ausgrenzung entledige man sich nach Buschkowsky nur der Notwendigkeit, die Realität der fehlgeschlagenen Integration zur Kenntnis zu nehmen.
Aber womit hat Sarrazin "eigentlich" recht? Mit der Kritik an der Selbstisolation vieler Migranten von der deutschen Mehrheitsgesellschaft, an ihrer "Bildungsferne", an der mangelnden Praxis, die Migrantenkids schon im Vorschulalter fit zu machen? All das wird bei Sarrazin nicht untersucht, sondern im Ergebnis vorausgesetzt. Und es handelt sich um keine bestürzend neuen Erkenntnisse, auf die erst jetzt durch den Pamphletisten Sarrazin aufmerksam gemacht würde. Vielmehr sind die Probleme der Integration seit Langem Gegenstand öffentlicher Debatten.
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