von die-anstifter.de
In der Nacht zum 30. April starb in Hamburg Sylvin Rubinstein im Alter von 96 Jahren. Er wurde am 4.5. auf dem jüdischen Friedhof in Hamburg-Ohlsdorf begraben.
“Es war ein schwerer Abschied von einem mutigen Leben” schreibt sein Biograph Kuno Kruse in einer Email. Kruse berichtet über seine ersten Begegnungen mit Sylvin:
„Als mir Sylvin Rubinstein seine Geschichte erzählte, blieb sie mir so unfassbar, dass ich sie kaum glauben mochte: Ein Mann, der in Frauenkleidern für seine Schwester tanzte, weil sie ermordet wurde; ein Major der Wehrmacht, der Anfang
der 40er
Jahre in Polen unter seinen Kameraden einen Widerstandskreis
aufbaute, der gemeinsam mit polnischen Partisanen gegen die Nationalsozialisten kämpfte und jüdische Kinder versteckte. Dieses Leben musste dokumentiert werden. Und dieser Mensch, dessen Sprache die Bewegung ist, der Atemlosigkeit entstehen lässt und Trauer, unter deren Last er selbst zusammenbricht und die er doch täglich zu bezwingen sucht. Marian Czura und ich reisten mit ihm an die Orte seiner Erinnerung. Immer wieder brach er aus, stieß die Kamera um, die er kaum ertragen konnte, haderte mit uns, die wir ihn immer wieder seinen Erinnerungen aussetzten, meinte Misstrauen zu spüren, wenn wir immer wieder nachfragten. Wir kamen an einen Ort in Polen, in dem die Alten ihren Enkeln von dem Mann erzählten, der die Juden versteckte und in Frauenkleider verhüllt Attentate verübte. Wir stießen auf alte Amateurfilme, die den Major und seine Truppe zeigten, und ihn, wie er in Frauenkleidern getarnt 1942 in der Kleinstadt agierte. Und endlich fassten wir das Unfassbare.“
Sylvin kam im Januar 2008 zu zwei Veranstaltungen nach Stuttgart und Stetten im Remstal und war eine der beeindruckendsten Persönlichkeiten, die wir je zu Gast hatten – Tänzer, Widerstandskämpfer, Internationalist und Zeuge des Jahrhunderts.
Was bleibt ist das Buch von Kuno Kruse “Dolores & Imperio – Die drei Leben des Sylvin Rubinstein” (leider nur noch antiquarisch erhältlich) und der dazugehörige Film.
http://de.wikipedia.org/wiki/Sylvin_Rubinstein
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Film: „Er tanzte das Leben“
Deutschland 2003, von Marian Czura, 90 Min.
Der Film erzählt das bewegte Leben des heute in Hamburg St. Pauli wohnenden, 1914 bei Moskau geborenen jüdischen Flamencotänzers Sylvin Rubinstein. Mit seiner Zwillingsschwester wurde er in den großen Varietés Europas gefeiert. Beide fliehen aus dem Warschauer Ghetto. Sie sahen sich nie wieder. Nach dem Krieg, in Deutschland, wurde er auf der Bühne zu Dolores. Ihr huldigt und gedenkt ihr im Tanz.
Der Film wird am am So., 15. Mai 2011, um 17 Uhr, in Hamburg im METROPOLIS, Steindamm 52/54 – 20099 Hamburg, gezeigt.
http://de.wikipedia.org/wiki/Er_tanzte_das_Leben