Interview mit Dr. Rolf Gössner von Angela Klein, Sozialistische Zeitung SOZ
Dr. Rolf Gössner, Rechtsanwalt, Publizist, Vizepräsident der Internationalen Liga für Menschenrechte, Rechtsanwalt und Publizist, hat zum Thema NPD und Verfassungsschutz der in Köln erscheinenden "SoZ – Sozialistische Zeitung" zum Thema Verfassungsschutz und V-Leute ein Interview für deren Dezember-Ausgabe gegeben. Wir danken der "SoZ" und ihrer Redakteurin Angela Klein, dass wir es übernehmen durften. – Die Redaktion.
Angela Klein: Haben die Verfassungsschutzbehörden ein Problem mit Rechts-extremistInnen in den eigenen Reihen, sind sie auf dem rechten Auge blind oder hatten sie ihren eigenen Laden nicht mehr im Griff?
Rolf Gössner: Sicherlich ist in manchen VS-Behörden und bei manchen VS-Bedien-steten eine rechtsorientierte Gesinnung anzutreffen und eine gewisse Kumpanei zwischen V-Leuten aus der Neonaziszene und ihren V-Mann-Führern – zumindest Distanzlosigkeit. Insgesamt gehe ich im vorliegenden Fall weniger von Unfähigkeit, Pannen und Konfusion des Verfassungsschutzes aus als vielmehr von ideologischen Scheuklappen, von Ignoranz und Verharmlosung des neonazistischen Spektrums. Bedrohungen und Gefahren für Demokratie und Verfassung werden immer noch, den alten Feindbildern folgend, in erster Linie mit "Linksextremismus/-terrorismus" und "Islamismus/islamistischem Terrorismus" assoziiert – und hier werden dann alle Register gezogen, die den Sicherheitsbehörden zur Verfügung stehen und die im Zuge des exzessiven Antiterrorkampfes der 1970er Jahre und besonders seit 9/11 noch erheblich ausgeweitet wurden. Im Zusammenhang mit Neonazismus ist man traditionellerweise weit zurückhaltender.