n-tv, Solveig Bach
Auch 75 Jahre nach der Reichspogromnacht sind rassistische Übergriffe noch immer an der Tagesordnung. Wer in Deutschland Ziel eines rechtsextremistisch motivierten Angriffs wird, erlebt eine seltsame Seite des Rechtsstaates. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf.
Im Dezember 1985 wartet Ramazan Avci gemeinsam mit seinem Bruder und einem Freund in Hamburg-Hohenfelde auf seinen Bus. Eine Gruppe rechter Jugendlicher wird auf die drei Türken aufmerksam, es kommt zu Pöbeleien und Schubsereien. Avci und seine Begleiter wehren sich, daraufhin bewaffnen sich die Skinheads in der nahegelegenen Gaststätte "Landwehr". Avcis Bruder und der Freund können fliehen, doch Avci läuft vor ein Auto und stürzt. Am Boden liegend wird er von etwa 30 Jugendlichen unter anderem mit Keulen und Axtstielen attackiert. Er wird später bewusstlos ins Krankenhaus eingeliefert und stirbt dort am 24. Dezember, ohne das Bewusstsein wiedererlangt zu haben.
Ein halbes Jahr später urteilt das Hamburger Landgericht über fünf Täter, die wegen gemeinschaftlichen Totschlags und gefährlicher Körperverletzung angeklagt waren: Zehn Jahre Freiheitsstrafe für den Hauptbeschuldigten, für die anderen sechs Jahre, zweimal dreieinhalb Jahre und einmal ein Jahr Gefängnis. Der Vorsitzende Richter der Jugendkammer, Erich Petersen, erkennt ein "oberflächliches Nationaldenken", verbunden mit einer "latenten Abneigung gegen Ausländer", leitet aber aus dieser Gesinnung kein tragendes Motiv für die Tat ab.
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