Hamburger Abendblatt, Christian Unger
Die Rechtsanwältin Gül Pinar vertritt die Familie des Hamburger NSU-Opfers Süleyman Tasköprü. 100 Tage nach Beginn des Verfahrens in München spricht sie über Zschäpes Schweigen und das Versagen des Staates.
Hamburg. Wenn heute der 100. Tag im NSU-Prozess beginnt, wird die Hamburger Anwältin Gül Pinar wie so oft im Gerichtssaal in München sitzen. An fast allen Verhandlungen hat sie teilgenommen, Zeugen aus der Neonazi-Szene befragt, die leere Mimik der Hauptangeklagten Beate Zschäpe gesehen und die Wut der Angehörigen von Opfern gehört. Für zehn Morde zwischen 2000 und 2007 soll die rechtsextreme Terrorzelle "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) verantwortlich sein – auch 2001 an einem Lebensmittelhändler Süleyman Tasköprü in Hamburg. Viele Jahre blieben die Täter unentdeckt. Ins Zentrum der Kritik geriet vor allem die Arbeit von Polizei und Verfassungsschutz. Und auch 100 Tage nach Prozessbeginn kritisiert Anwältin Pinar eine "Tatenlosigkeit" der Bundesanwaltschaft bei der Aufdeckung der Hintergründe der rechtsterroristischen Gruppe NSU. Ein Gespräch über bewegende Momente im Gerichtssaal, die Ruhe von Richter Manfred Götzl und über Kontakte der Neonazi-Szene in den Norden.
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