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Neuer Ort für alten Kameraden

  
Hier trifft sich Hamburgs
intellektuelle Rechte – Lands-
manschaft Mecklenburgia
Rostock

Felix Krebs - Der Artikel erschien zuerst in der Juli/August-Ausgabe der Zeitschrift "Der Rechte Rand"


In Hamburg scheint sich mit den „Hamburger Freiheitsgesprächen“ (HF) ein neuer Ort für den Austausch von neurechten Diskursen zu etablieren, schon bei der ersten Veranstaltung kamen 80 Personen, zuletzt im Juni immerhin 60.

Die HF finden in Kooperation mit dem „Lesertreffen Hamburg“ der Zeitschrift „Sezession“, dem „Institut für Staatspolitik“ (IfS), der „Staats- und Wirtschaftspolitischen Gesellschaft“ (SWG) und der Organisation „Jung-Weikersheim“ (JW) statt. Vier Projekte welche der sog. Neuen Rechten zugeordnet werden können.

JW ist die Jugendabteilung des „Studienzentrums Weikersheim“ (SZW), einer Denkfabrik am Rande der Unionsparteien mit ultrakonservativer Ausrichtung und ohne Berührungsängsten gegenüber Ideologen welche noch weiter rechts stehen. Gegründet wurde das SZW 1979 von dem ehemaligen Nazi-Marinerichter und späteren Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg Hans Filbinger. Während der „Club der rechten Denker“ in den ersten Jahrzehnten seines Bestehens relativ ungestört agieren konnte, fielen seit den 90er Jahren immer wieder SZW-Referenten auf, die vornehmlich in Zeitschriften publizierten, welche von diversen Verfassungsschutzbehörden wegen des Verdachts rechtsextremer Tendenzen beobachtet werden. Dem Umfeld von JW entstammt auch Prof. Harald Seubert, der letzte Referent der HF. Er sieht sich in der Tradition einer christlich-abendländischen Sozialphilosophie des kürzlich verstorbenen Günter Rohrmoser. Aus dem IfS hingegen kommt Götz Kubitschek, der im März bei den HF zum Thema „Was ist für Konservative heute zu tun?“ vortrug. Die Antwort liefert der „Dutschke von rechts“ seit zwei Jahren mit seiner „Konservativ-Subversiven Aktion“ (KSA), welche durch spektakuläre Auftritte im Stil der 68er, jedoch mit rechten Inhalten, die Öffentlichkeit erreichen will. Kubitschek ist der extremen Rechten zuzuordnen, er war Redakteur der Jungen Freiheit (JF), Gründer des IfS im Jahre 2000 und ist verantwortlicher Redakteur für dessen Zeitschrift Sezession.

Aus dem gleichen Spektrum kommt auch der zweite Gast der HF Felix Menzel, verantwortlicher Redakteur des Online-Magazins „Blaue Narzisse“ und Autor in der Edition Antaios, welche von Kubitschek geführt wird und dem IfS nahe steht. Über sein Antaios-Buch „Medienrituale und politische Ikonen“ referierte Menzel denn auch im Mai bei den HF. Menzel ist zwar kein „Neonazi“, als den ihn die Bild-Zeitung bezeichnete, liebt aber wie Kubitschek die Provokation. Der Neurechte (Selbstbezeichnung) ist Mit-Initiator der KSA und referierte 2008 über die rechten Störaktionen bei einem Seminar der Jungen Union in Hamburg. Die JU wiederum setzte das bei Menzel gelernte in die Tat um und stürmte im Oktober die Veranstaltung einer Schul-Initiative. Als die Verbindungen der JU zu Menzel publik wurden, musste sie schleunigst zurückrudern. Menzels „Pennaler Burschenschaft Theodor Körner“ werden vom sächsischen Verfassungsschutz (VS) „rechtsextremistische Bestrebungen“ attestiert.

Es sind wohl Provokateure wie Kubitschek und Menzel welche eine Klientel anlocken, die man gewiss nicht als konservativ bezeichnen kann. Unter den dieses Jahr bei den HF angemeldeten oder teilnehmenden Personen befanden sich:
-Wolfram Schiedewitz, Vorsitzender des geschichtsrevisionistischen und NPD-nahen „Vereins Gedächtnisstätte e. V.“ Auf dem Gelände des Bornaer Vereins, der „eine würdige Gedächtnisstätte für die Opfer des zweiten Weltkrieges durch Bomben, Verschleppung und in Gefangenenlagern“ einrichten möchte, finden häufiger Nazi-Veranstaltungen statt.
- Ein Aktivist des „Norddeutschen Kulturkreises“, einer ursprünglich von Altnazi aufgebauten Kulturorganisation, welche bis in die 90iger Jahre indizierte NS-Filme zeigte und aus dem Dunstkreis von Jürgen Rieger kommt.
-Manfred Backerra, ehemaliger Chefdozent an der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg, der 2006 den Kampf der Waffen-SS als „ritterlich“ bezeichnete. Er ist seit Jahren Regioleiter der SWG in Hamburg. 2001 waren dem VS „personelle Überschneidungen zu rechtsextremen Organisationen“ bekannt.

Die HF finden im Haus der Landsmannschaft Mecklenburgia Rostock (LMR), einer pflichtschlagenden Verbindung aus dem Coburger Convent (CC), statt. Deren Aktive und Alte Herren nehmen an den Gesprächen teil. Das Haus und einige der zugehörigen Korporierten sind in Hamburg nicht unbekannt. 1996/97 gab es in der Stadt einen Ideologiezirkel namens „Hamburger Kreis“ (HK) der sich ursprünglich als Leserkreis der JF verstand, an dem jedoch auch organisierte Neofaschisten teilnahmen. Leiter des HK war Hanno Borchert (LMR), dessen Aktivitäten ihm und seinem Denkzirkel namentliche Einträge in Hamburger VS-Berichte verschafften. In einem grundlegenden Artikel schrieb Borchert damals, dass es im CC egal sei, welche Partei man wähle oder wie man über die deutsche Geschichte urteile, seine Toleranz ende erst dort, wo jemand dazu beitrage die Gesellschaft „ in eine kollektivistische, multikulturelle Gesellschaft zu transformieren... man muss verlangen dass der deutsche Waffenstudent ein vaterlandstreuer Bürger ist und gesamtdeutsches Nationalbewusstsein und Kulturbewusstsein verkörpert.“

Welches Kulturbewusstsein als historisches Vorbild dienen könnte, referierte Daniel Junker, aktuell Vorstandsmitglied bei der LMR, im Jahre 2003 für seine Verbindung. „Völkische Religiosität in der Weimarer Republik“ lautete der Titel und hatte u.a. die Germanische Glaubens-Gemeinschaft (GGG) zum Thema, über die Junker auch ein Buch publizierte. Die GGG hatte starke Bezüge zum Nationalsozialismus, eine ihrer heutigen Nachfolger ist die „Artgemeinschaft Germanische Glaubensgemeinschaft“ des Neonazis Jürgen Rieger.

Außerdem machen die Meckis seit Jahren schon eigene politische Veranstaltungen unter dem Titel „Mecklenburgia im Gespräch“. Es erstaunt wenig, dass hier Personen wie Marcus Schmidt und Dieter Stein von der JF, Geschichtsrevisionisten wie Dirk Bavendamm und Reinhard Günzel oder der damalige SWG-Vorsitzende Reinhard Uhle-Wettler referierten. Und es erstaunt ebenso wenig, dass liberale oder gar linke Geister hier fehlen. Erstaunlich ist viel mehr , dass bei der LMR schon Hamburger Professoren, Bürgerschaftsabgeordnete der CDU und mit Gunnar Uldall sogar ein Wirtschaftssenator im Amt vortrug.
Ob die HF also eine neu Qualität haben, oder sich unter neuem Namen nur altbekannte Personen und Strukturen austauschen bleibt abzuwarten. Ebenso ist es für eine Analyse der dort gepflegten Diskurse noch zu früh. Die beteiligten Personen und Organisationen lassen allerdings aufhorchen.