Am 25. Januar entschied der Landeswahlausschuss im Gebäude der Katholischen Akademie darüber, welche Kandidaturen zur Hamburger Bürgerschaftswahl am 24. Februar zugelassen werden.
Sie war nicht sehr groß aber schon wichtig: die Antifaschistische Kundgebung des Hamburger Bündnisses gegen Rechts gegen die Zulassung der DVU in Hamburg.
Neben den bereits in der Bürgerschaft vertretenen Parteien erscheinen gleich drei Spaßprojekte auf dem Wahlzettel: „Die Partei“ um die Redaktion der Satirezeitschrift Titanic, die Pogo-Partei sowie „Die Piraten“, ihres Zeichens kritische Internetuser aus der Open-Source-Bewegung. Geradezu wirklichkeitsfern dagegen erscheint die Allianz für Gesundheit, Frieden und soziale Gerechtigkeit (AGFG), die 2005 aus der „Rath-Foundation“ hervorging. Kernstück ihres, mit linker Rhetorik aufgefüllten Parteiprogramms bildet die Gesundheitsphilosophie des "Heilers" Matthias Rath, der vor allem durch seine wissenschaftlich umstrittenen Behandlungsmethode von Krankheiten wie AIDS und Krebs mittels Vitaminpräparaten und Naturheilverfahren bekannt ist.
Schließlich treten noch die ÖDP und Die Grauen mit eigenen Landeslisten an. Um das Spektrum autoritätshöriger und gutbürgerlicher Protestwähler buhlt der Wahlverein um den geschassten Ex-Innensenator Roger Kusch sowie die Deutsche Zentrumspartei gleichermaßen.
Die Propaganda der Deutschen Volksunion (DVU) stellt demgegenüber eher auf sozial benachteiligte Wählerschichten sowie Jung- und Erstwähler ab. Gegen die Zulassung der rassistischen, antisemitischen und geschichtsrevisionistischen DVU haben etwa 30 Menschen vorm und im Gebäude protestiert. Im Saal regte sich kurzer aber klarer Protest, als die Entscheidung der Landeswahlleitung bekannt gegeben wurde.
Warum sollte die DVU nicht zugelassen werden?
Die DVU ist noch immer die größte neofaschistische Partei in Deutschland. Die DVU kandidiert in Absprache - der so genannte Deutschlandpakt - mit der NPD. Der Spitzenkandidat der DVU Matthias Faust war Anfang 2007 noch in der NPD, betont immer wieder die Gemeinsamkeiten mit den Nationaldemokraten und ist ein Vertrauter des Neonazis Christian Worch. Auf den Wahlplakaten der DVU, welche ab Ende Januar aufgestellt werden, erscheint die NPD mit eigenem Emblem. Neben tausenden von Plakaten, die ab sofort ohne die Einschränkungen des Vorwahlkampfes aufgestellt werden können, nutzt die DVU vor allem Briefwurfsendungen. Die Wahlspots für Radio und Fernsehen der DVU seien bereits produziert, ebenso eine Schulhof-CD.
Vor allem aber, das machte auch der Vertreter für den Hamburger Landesverband Die Linke vor dem Wahlausschuss deutlich, stehe die DVU in der historischen Kontinuität des deutschen Faschismus und sei als Nachfolgeorganisation der NSDAP weder durch die Meinungsfreiheit noch durch das Parteiengesetz legitimiert. Alle Landeswahlausschussmitglieder (also auch SPD und GAL) stimmten für die Zulassung der DVU. Allerdings gab das Landeswahlausschussmitglied der GAL, die GAL-Fraktionsgeschäftsführerin Lexi von Hoffmann eine persönliche Erklärung zu Protokoll, in der sie ihre Ablehnung der DVU ausdrückte. In früheren Jahren waren die Stimmen und Einwände gegen die Zulassung faschistischer Parteien noch deutlicher ausgefallen.
Am Schluss zieht sich der Landeswahlleiter ohnehin auf "formalrechtliche Gründe“ zurück. Doch selbst dort, also der Frage „innerparteilicher Demokratie“ liegt bei der DVU vieles im Argen. So moniert das Bundesamt für Verfassungsschutz „mangelndes Demokratieverständnis“, für dass die Aufnahmepraxis neuer Mitglieder stehe. „Während in Auslegung des Artikels 21 Grundgesetz die Aufnahme von Mitgliedern in eine Partei über den zuständigen unteren Verband erfolgen muss, legt § 3 der DVU-Satzung fest, dass über die Aufnahme eines Mitgliedes der Bundesvorstand, also die Parteispitze, entscheidet." (VS-Bericht 2003, S.70). Auch das Zustandekommen der Wahllisten hätte genauer hinterfragt werden müssen, da die DVU-Wahlparteitage als Delegiertenversammlungen und unter Ausschluss der Öffentlichkeit abgehalten werden. So ist fraglich, ob die DVU überhaupt den Vorgaben des § 2 Parteiengesetz entspricht. Der Wahlausschuss hätte der DVU die Zulassung verweigern können, um solche und weitere Fragen vor Gericht klären zu lassen. Schließlich gilt auch im Wahlausschuss, dass das eigene Verhalten als Maßstab anzulegen ist, wie ernst es die jeweiligen Parteien mit ihrem Engagement gegen Rechts meinen. - kun