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Christian Unger, Hamburger Abendblatt 

Die junge Frau aus Hannover war gerade 19 Jahre alt. Niemand rechnete mit ihrem Sieg. Aber Lena Meyer-Landrut schaffte 2010 die Sensation und gewann den Eurovision Song Contest 2010. Mit ihrem Lied "Satellite" sammelte sie 246 Punkte. Doch nicht aus allen Ländern bekam sie Punkte. Unter anderem nicht aus Israel. Am Abend der Show tauchten in deutschen Internetforen und Blogs empörte bis hasserfüllte Kommentare auf. Nicht nur wurde Israel mit "den Juden" gleichgesetzt, bald darauf propagierten Nutzer, dass jüdische Unversöhnlichkeit die Ursache der verweigerten Anerkennung sein müsse. Einige Beiträge beschimpfen den jüdischen Staat, es finden sich antisemitische Verschwörungstheorien bis hin zu einer angedrohten Vernichtung Israels.
Judenfeindlichkeit ist nicht nur in der rechtsextremen Szene zu finden. Experten sehen sie auch in der Mitte der Gesellschaft breit vorhanden.
Für den vom Bundestag eingesetzten unabhängigen Arbeitskreis Antisemitismus ist dies ein "klassisches" Beispiel alltäglicher judenfeindlicher Gesinnung. Nach zweijähriger Arbeit haben die Experten gestern in Berlin den ersten Bericht vorgelegt. Die Ergebnisse sind alarmierend: Antisemitisches Gedankengut ist in weiten Teilen der Gesellschaft verbreitet. Der Studie zufolge sind 20 Prozent der Menschen in Deutschland "latent" antisemitisch eingestellt. Der Antisemitismus sei kein "Randphänomen" oder nur auf bestimmte Gesellschaftskreise beschränkt, hebt der Historiker Peter Longerich hervor, der dem Expertenkreis angehört. Er gründet sich auf Vorurteilen, Klischees oder "schlichtem Unwissen über Juden und Judentum".
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