Andrea Röpke, blick nach rechts
Braune Kulturevents sind für völkische und neonazistische Gruppen identitätsstiftende Rituale. Mit einbezogen in die Zeremonien werden längst auch die Kinder.
Brauchtumsfeiern wie Sonnenwenden oder Erntedankfeste stärken die Neonazi-Szene nach innen. Nach dem Vorbild des Dritten Reiches soll die Gesinnungsgemeinschaft durch gemeinsame Rituale für die ganze Familie gefestigt werden. Im Nationalsozialismus galt der „Nährstand“, also die Bauern, als tragende Säule der „Volksgemeinschaft“. 1933 nahmen eine halbe Million Menschen am „Deutschen Erntedankfest“ mit Adolf Hitler am Bückeberg bei Hameln teil. Das Motto lautete: „Blut – Boden – Arbeit“. Im Laufe der Jahre stiegen die Zahlen auf über 1,3 Millionen Teilnehmer aus dem gesamten Reichsgebiet. „Im Rausch der feierlichen Atmosphäre des öffentlichen Festes steigerte sich die Empfänglichkeit des Publikums“, beschreibt der Historiker Bernd Sösemann die Zeremonie in seinem Artikel „Wie die Nazis ihr Erntedankfest erfanden“ („Welt-Online“ vom 14. Oktober 2008). Das Ritual auf dem Bückeberg zählt für Historiker heute mit zu den „Orten des schönen Scheins“.
In den letzten Jahrzehnten wurden Brauchtumsfeiern überwiegend von völkischen und heidnischen Gruppen im Kern der Neonazi-Szene zelebriert. Doch zunehmend beteiligen sich nun auch Anhänger radikaler Freier Kameradschaften an diesen identitätsstiftenden Ritualen. Auch sie wissen: Bei braunen Kulturevents auf privatem Gelände ist man ungestört unter seinesgleichen. „Dieses Wochenende der Gemeinschaft, der völkischen Tradition, gibt uns allen Kraft“ schwärmt einer der Mitorganisatoren, genannt „Eichenlaub“ im neonazistischen Thiazi-Forum.