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taz (22.10.15)

Der Attentäter Frank S. ist kein „Irrer“, er ist ein Rassist. Und genau so muss seine Tat eingeordnet werden. Darin zögerlich zu sein, ist gefährlich.

Als Arid Uka im März 2011 am Flughafen Frankfurt am Main mit einer Pistole auf eine Gruppe von US-Soldaten zugeht und zwei von ihnen erschießt, ist die Bewertung eindeutig. Die Tat des jungen Mannes, der sich durch Dchihad-Videos radikalisiert hatte, sei ein islamistischer „Terroranschlag“, sagte der damalige Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU). Dieser sei „aufs Schärfste“ zu verurteilen.

Wenige Tage ist es her, da attackierte der 44-jährige Frank S. die Kölner Oberbürgermeisterkandidatin Henriette Reker; er rammte ihr ein Messer in den Hals. Auch jetzt ist die politische Bestürzung groß. Nur: Von Terror ist bisher keine Rede.

Dabei überlebte Reker offenbar nur mit Glück. Frank S. soll „mit voller Wucht“ zugestochen haben, das Messer traf die Luftröhre der Politikerin. Diesmal aber ist der Täter ein Neonazi. Ist das der Grund für die verdruckste Bewertung?

Für die anfangs vertretene These, es handle sich um einen „Irren“, spricht jedenfalls nichts. Ein Psychiater attestierte Frank S. volle Schuldfähigkeit. Seine Attacke begründete dieser mit der derzeitigen Flüchtlingspolitik, und er wählte gezielt diejenige, die in seiner Stadt Köln dafür zuständig war: Reker.

Eine spontane Kurzschlusstat? Auch das nicht. Vor der Attacke soll S. Festplatten seines Computers und Dokumente entsorgt haben, um Spuren zu tilgen. Auch soll er die Tat im Vorfeld geübt haben. Und der Attentäter bewegte sich in den Neunzigern in den Reihen der damals radikalsten Neonazigruppen, der Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei (FAP) und Nationalistischen Front. Die horteten Waffen, propagierten „Rassenmischung ist Völkermord“, Mitglieder attackierten Flüchtlingsheime.

Frank S. wusste also, was er tat. Man darf es auch so benennen: Es war eine Terrortat.

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