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jungle world, Gaston Kirsche

Die großflächige Bombardierung Hamburgs durch die Royal Air Force überlagert in der offiziellen wie in der familiären Erinnerung die Gräueltaten der NS-Volksgemeinschaft in der Stadt. Neonazis werden hier für den Opferdiskurs nicht gebraucht.
In den Vierteln nahe der Innenstadt, vor allem östlich der Alster, sind Tontafeln mit dem Hamburger Wappen und dem Hinweis: »Zerstört 1943, wiederaufgebaut … « an vielen Häusern angebracht. Die von der städtischen Baubehörde angefertigten Tafeln sieht man im Alltag häufiger als das offizielle Mahnmal, das an die Bombardierung Hamburgs im Sommer 1943 erinnert: die Turmruine der Kirche St. Nikolai, die nach dem 8. Mai 1945 zum städtischen Mahnmal »für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft« erklärt wurde. Der Kirchturm diente den Piloten der britischen Royal Air Force (RAF) bei ihrem Anflug auf Hamburgs Osten als Orientierung. In den Stadtteilen ringsum blieb kein Haus stehen.
Vom 25. Juli bis 3. August 1943 flogen die RAF und die US Air Force mit bis zu 1 000 Bombern Angriffe auf Hamburg. Befohlen wurde das »Carpet Bombing« von Luftmarschall Arthur Harris. Wie auch dem britischen Premierminister Winston Churchill ging es Harris um eine rasche Beendigung des Krieges und darum, den Durchhaltewillen der deutschen Volksgemeinschaft so schnell wie möglich zu brechen. Außerdem war Hamburg ein Zentrum der deutschen Rüstungsproduktion und der Seekriegsführung. Nach der »Operation Gomorrha«, wie der Deckname für die Bombardierung Hamburgs lautete, gab es ähnliche Flächenbombardements in Kassel, Braunschweig, Magdeburg, Dresden, Pforzheim, Mainz, Würzburg und Hildesheim. Die meisten Toten gab es in Hamburg: Mehr als 30 000 Menschen starben, etwa 125 000 wurden verletzt.
»Feuersturm« nennt man in Hamburg die Nacht vom 27. auf den 28. Juli 1943. Damals wurden die eng bebauten Arbeiterwohnquartiere zwischen Hammerbrook und Barmbek zum Ziel der Spreng- und Brandbomben der Alliierten. Es entstand eine mächtige Feuerwalze, die den Sauerstoff so stark anzog, dass Menschen mit ins Feuer gesogen wurden, im glühenden Asphalt einsackten und nahezu verdampften.
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