von Hans-Joachim Meyer
In Harburg soll auf der Schlossinsel ein „Park Postkolonial“ entstehen. Die Initiative dazu kommt von einer Hamburger Künstlerin, unterstützt von der Grün-Alternativen Liste (GAL). Da die GAL in Hamburg wie in Harburg „Regierungspartei“ ist, könnte der Plan Chancen haben, in die Tat umgesetzt zu werden.
Kernstück des Parks sollen Denkmäler werden, die zurzeit in irgendwelchen Kellern oder Schuppen vor sich hinrotten und für die Kolonialisierung stehen. Dazu gehören das Wissmann-Denkmal, das vor der Hamburger Universität stand und in der 1968-er Zeit von Studenten vom Sockel gestürzt wurde, ferner der Wandsbeker Sklavenhändler Schimmelmann, General Lettow-Vorbeck von der „Schutztruppe“ in Deutsch-Ostafrika sowie Nazi-Kitsch wie das 1939 eingeweihte Askari-Relief, das ursprünglich in Jenfeld an der Lettow-Vorbeck-Kaserne stehen sollte und nach massiven Protesten wieder in der Versenkung verschwand.
Die Künstlerin will diese Denkmäler verfremden, damit sich die Betrachter mit dem Kolonialismus kritisch auseinandersetzen können. Verfremdungen oder Gegendenkmäler produziert man aber zu bereits existierenden Denkmälern, die man nicht mag, aber aus verschiedenen Gründen nicht abreißen will. Peinlicher, in Kellern lagernder Schrott sollte gar nicht erst ausgestellt werden, auch nicht verfremdet. Die Harburger Fraktion der Partei „Die Linke“ ist strikt gegen dieses Projekt. Ursprünglich sollte der Park in der Hamburger Hafen-City angelegt werden. Dort wollte man aber neben dem Lohseplatz, von wo die Deportationen nach Theresienstadt, in die Gettos von Lodz, Minsk und Riga und in die Vernichtungslager begannen, keinen zweiten Gedenkort haben. So ist man auf die Idee gekommen, den Denkmalsschrott in Harburg zu entsorgen. Harburg hat aber zur Zeit der Kolonialisierung nicht zu Hamburg gehört, die ausgestellten Figuren haben überhaupt keinen Bezug zu Harburg.
Die Linkspartei ist stattdessen für einen Industriepark Harburg, wo die Geschichte der Industrialisierung gezeigt werden kann. In diesem Zusammenhang kann auch dargestellt werden, in welchem Umfang Harburgs stark rohstoffabhängige Industrie vom Kolonialismus profitiert hat. Im Mittelpunkt sollte die „Geschichte von unten“ stehen, die Arbeits- und Lebensbedingungen, das Wachstum der Arbeiter- und Frauenbewegung.
Harburg ist eine Arbeiterstadt mit einer früher starken Arbeiterbewegung. Hier einen Mann wie Lettow-Vorbeck auszustellen, der 1919 bei den sogenannten Sülze-Unruhen auf Befehl Noskes in Hamburg einmarschierte und sich 1920 am Kapp-Putsch beteiligte, wäre eine nicht zu überbietende Provokation. Es ist schon schlimm genug, dass nach diesem Arbeitermörder und Putschisten eine (inzwischen geschlossene) Hamburger Kaserne benannt wurde.