Hamburger Abendblatt, von Wolfgang Klietz (23.05.11)
Erst jetzt können Wissenschaftler den Ort erforschen, an dem 600 Kriegsgefangene starben . Das Das Profil der Reifen hat sich zentimetertief in die Erde gewühlt. Die Bahnen der Motorräder durchziehen in langen Wegen den Wald an der Bundesstraße 4 und zerreißen den Waldboden und seine Geschichte. Umgestürzte Bäume und tiefe Kuhlen taugen
nicht
als Hindernis für die Fahrer der
Motocross-Maschinen – sie erhöhen den Kick an einem Ort des Grauens. Die Fahrer ahnen vermutlich nicht, dass sie ihre Runden auf einem Areal drehen, auf dem Gewalt und Willkür herrschten, auf dem Hunderte Menschen litten und starben. Wo heute im Dreieck zwischen Kaltenkirchen, Alveslohe und Lentföhrden regelmäßig illegal die Maschinen kreuz und quer umherrasen, liegen die Reste eines Lagers, dem die Nazis einen technokratisch klingenden Namen gaben: Stalag XAz. Der Volksmund spricht es zutreffender aus: "Russenlager" oder "Sterbelager" nannten die Menschen den Komplex, in dem im Zweiten Weltkrieg kranke russische Kriegsgefangene hausen mussten und dessen Geschichte in der Region nur einigen Lokalhistorikern bekannt ist. Seit wenigen Wochen steht die Fläche mit den einstigen Baracken unter Denkmalschutz, weitere sollen folgen.