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Interview von Petra Schllen mit Rainer Hering, taz-nord 13. 10. 2010

Geistliche in Norddeutschland traten häufiger der NSDAP bei als anderswo und dienten sich bereitwilliger dem Regime an. Nach 1945 verschleppten sie die Aufarbeitung umso mehr. Der Historiker und Archivar Rainer Hering zu den Gründen.

Sah den Nationalsozialismus des Volkes "Tiefenkräfte" wachrufen und versorgte nach dem Krieg Regimegetreue: Hamburgs Landesbischof Simon Schöffel Anfang der 20er Jahre Foto: Nordelbisches Kirchenratsalbum

taz: Herr Hering, in einem Aufsatz schreiben Sie, dass die Hälfte der Hamburger Pastoren während des "Dritten Reichs" Mitglied der nazi-nahen Deutschen Christen waren. Jeder zehnte Pastor sei Mitglied der NSDAP gewesen. Sind das mehr als anderswo?

Rainer Hering: Was die Mitgliedschaft bei den Deutschen Christen betrifft, ist die Quote nicht besonders hoch. Zehn Prozent NSDAP-Mitglieder fallen schon eher ins Gewicht. Das hängt vermutlich damit zusammen, dass protestantische Gebiete eher Hochburgen der NSDAP waren als katholische.

Wie erklärt sich das?

Das katholische Milieu war geschlossener. In der katholischen Kirche, die bis zum Konkordat von 1933 eine sehr distanzierte Haltung gegenüber der NSDAP einnahm, gab es eher Vorbehalte. Im katholischen Bayern war es zum Beispiel nicht möglich, am Sonntagvormittag HJ-Veranstaltungen anzusetzen – da gingen die Leute in die Kirche. Das war im protestantischen Norden anders.

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