junge Welt, Markus Mohr
Seit der Selbstenttarnung des NSU (»Nationalsozialistischer Untergrund«) im November 2011 sind vier Jahre vergangen, ohne dass sich die akademische Community veranlasst gesehen hat, sich diesem Thema in Form einer Tagung zuzuwenden. Insoweit ist man mit den Wirkungen der sächsischen Totalitarismusschule und ihrer führenden Vertreter Uwe Backes und Eckhard Jesse konfrontiert. Angesichts ihrer Publikationen und Jesses Referententätigkeit bei Veranstaltungen des Bundesamtes und verschiedener Landesämter für Verfassungsschutz kann von einem wissenschaftlich-nachrichtendienstlichen Komplex gesprochen werden. In dem so hergestellten Antiextremismuskonsens wurde jeder Begriff von neofaschistischem Terror eliminiert. Dagegen sprachen sich eine ganze Reihe jüngerer Wissenschaftler aus verschiedenen Berliner Hochschulen aus. Sie richteten im Senatssaal der Humboldt-Universität am Freitag vergangener Woche eine Konferenz unter dem Titel »Blinde Flecken – Wissenschaftliche Perspektiven auf den NSU Komplex« aus. Ihnen ging es, wie im Grußwort formuliert, darum, das »akademische Schweigen« erstmals organisiert zu durchbrechen.