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Kundgebung bei einem NS-Kriegsverbrecher in Hamburg-Volksdorf

Rund 40 Menschen aus Hamburg beteiligten sich an einer Kundgebung im noblen Stadtteil Volksdorf gegen die „unverdiente Ruhe" für den Kriegsverbrecher Gerhard Sommer. Die Kundgebung vom Arbeitskreis Distomo und der VVN-Bund der Antifaschisten war Teil einer bundesweiten Kampagne in zwölf Städten in Deutschland und Österreich unter dem Motto „Die Mörder sind unter uns!"
In den zwölf Orten lebt ein Teil der Kriegsverbrecher, welche zwar in Italien zu lebenslanger Haft verurteilt wurden, die aber Dank der deutschen Justiz bisher trotzdem ein beschauliches Leben führen konnten. Die gilt auch für den ranghöchsten noch Lebenden der 16. SS-Panzergrenadier-Division „Reichsführer SS" Gerhard Sommer.

Der ehemalige SS-Untersturmführer wurde im Juni 2005 in Italien wegen Mordes an 560 Zivilisten in den Bergdorf Sant´Anna di Stazzema, darunter 120 Kinder, zu lebenslanger Haft verurteilt. Sein Revisionsantrag wurde am 6.November dieses Jahres abgelehnt. Da Deutschland rechtskräftig verurteilte Mörder selbst in das EU-Ausland nicht ausliefert, ermittelt die Staatsanwaltschaft Stuttgart seit mehreren Jahren gegen Gerhard Sommer und weitere Kriegsverbrecher. Nüchtern betrachtet müssen diese Ermittlungen jedoch eher als gezielte Verzögerung betrachtete werden. „Bislang wurde in Deutschland gegen keinen der Täter Anklage erhoben", sagte Martin Klingner Rechtsanwalt und Sprecher des Arbeitskreises Distomo. Die deutsche Justiz setzt offenbar auf eine „biologische Lösung" für die  noch lebenden Kriegsverbrecher aus Wehrmacht und SS, welche in ihren Heimatorten ein ganz alltägliches Leben als „netter Opa von nebenan" führen. In Volksdorf ist dieses Image von Gerhard Sommer jedoch durch wiederholte öffentliche Aktionen angekratzt. Die Leute aus dem Stadtteil wissen zumindest, dass sie mit einem rechtskräftig verurteilten Massenmörder zusammen leben.
Es gibt keinen Grund, die Täter für ihre Morde heute nicht mehr zur Rechenschaft zu ziehen. Reue ist für  die meisten von ihnen ohnehin ein unbekanntes Wort. Gerhard Sommer zum Beispiel beteuerte gegenüber dem Fernsehen er habe ein „absolut reines Gewissen."
Am Umgang mit der Vergangenheit entscheidet sich  die Frage, auf welchen Werten sich eine Gesellschaft  gründet. Wenn massenhaft Verbrechen bewusst verdrängt,  Mörder gezielt nicht zur Verantwortung gezogen, sondern  als „ ehrenwerte Bürger" angesehen werden, gibt es keinen Grund, sich über Gewaltexzesse wie in Mügeln zu  wundern. Im August 2007 wurden dort Menschen indischer Herkunft vom Mob durchs Dorf gejagt. Warum die  Polizei erst sehr spät einschritt, kann sich heute angeblich  niemand erklären.
Pressespiegel:

Neues Deutschland 03.12.07
Junge Welt 03.12.07 
taz03.12.07
www.andreas-gruenwald.de