Interview der jungle world
Der Rapper und Antifaschist Kutlu Yurtseven über die Anschläge des NSU in Köln 2001 und
2004, die Stigmatisierung der Opfer und ihrer Angehörigen und die alltägliche rassistische und neonazistische Gewalt in Deutschland.
Kutlu, du warst mit einem Opfer des Anschlags von 2001 in der Probsteigasse befreundet, und du schreibst: »Wir wussten damals schon, dass es Faschos waren, genauso wie auch in der Keupstraße.« Wie hast du die Anschläge erlebt?
Wir kannten die meisten Leute, die in der Keupstraße ihre Läden hatten, wir sind ja zusammen aufgewachsen. Als wir von der Nagelbombe erfuhren, war uns sofort klar, dass es sich bei dem Anschlag weder um Schutzgeld- noch um Drogengeschäfte noch um eine Aktion der PKK handeln konnte. Keiner hätte in dieser Straße eine Nagelbombe in die Luft gejagt, denn die Gefahr, dass Verwandte oder Freunde dabei verletzt werden, wäre einfach zu groß gewesen. Die Ermittlungen empfanden wir, die wir ja auch befragt wurden, als große Farce. Es war so einfach zu sehen, dass das Motiv politisch, ja rassistisch war. Bei der Polizei hieß es, es werde nicht im rechten Milieu ermittelt, denn die Neonazis würden nicht so drastisch vorgehen. Zehn Jahre später kommen immer mehr Details über den braunen Sumpf aus Nazis und staatlichen Institutionen heraus und alle wundern sich. Aber rechte Übergriffe passieren jeden Tag in Deutschland.
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