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taz, Interview von Kai von Appen (11.06.2010)

Die Innenminister beschlossen Ende Mai in Hamburg, den europaweiten Austausch von Daten "linksextremer Gefährder" zu prüfen. Verfassungswidrig, meint ein Ex-Staatsschützer


taz: Herr von Denkowski, "linksextremistische Gefährder" – was ist an diesem Begriff anders als an der Staatsschutzdatei "Links", die die Polizei bundesweit seit Jahren nutzt?

Charles von Denkowski: Nach den Anschlägen auf das World Trade Center fand beim Staatsschutz bundesweit ein Paradigmenwechsel statt. Eine neue Kriminalstrategie gestattete präventive Ermittlungen unterhalb der Stufe konkreter Gefahren, auch gegen strafprozessual Unverdächtige. Auf Islamismus spezialisierte Staatsschutzdienststellen betreiben zur Früherkennung von Djihad-Zellen auf Polizeirecht gestützt eine nachrichtendiensttypische "Intelligence-Arbeit". Als deren Grundlage schuf die Arbeitsgruppe (AG) "Kripo" des Bundesinnenministeriums, in der BKA- und LKA-Präsidenten sitzen, 2004 den Begriff "politisch motivierter Gefährder".

Was muss man getan haben, um dazu zu zählen?

Nichts. Auf Basis des Begriffs durchleuchtet man Personen und deren Umfeld ohne strafprozessualen Anfangs- oder konkreten Gefahrenverdacht: Begangene Delikte, Umfeldkontakte und Gesinnung sowie sonstige – oft nachrichtendienstliche – Erkenntnisse reichen aus. Das betraf einige Jahre nur Djihadisten. Nun stuft der Staatsschutz laut Innenministerkonferenz auch Linksextreme als "Gefährder" ein, deren Daten man austauschen will, um effektiver in Strukturen einzudringen.

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