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Kritische Anmerkungen zu "Laut gegen Nazis" e.V. - Konsequent gegen Faschismus und Rassismus

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Vom 16. bis 24. März 2012 veranstaltet der Verein „Laut gegen Nazis“ e.V. mit Unterstützung aus der Hamburger Wirtschaft, der regierenden SPD, Prominenten aus Kultur und Gesellschaft sowie vielen Organisationen und Vereinen die „Internationalen Wochen gegen Rassismus“. Wir begrüßen es sehr, wenn viele Menschen in Hamburg sich gegen Rassismus, Neofaschismus und Ausgrenzung engagieren. Wir sind überzeugt, dass es vielen Beteiligten und Gästen der „Internationalen Wochen gegen Rassismus“ ein aufrichtiges Anliegen ist. Wir haben allerdings in den vergangenen Jahren Erfahrungen mit „Laut gegen Nazis“ und seinem Betreiber Jörn Menge gemacht, die nicht sehr positiv waren.

Das, was man über die „Internationalen Wochen gegen Rassismus“ in den Veröffentlichung von „Laut gegen Nazis“ lesen kann, lässt sich zusammengefasst so beschreiben: Hamburg ist eine weltoffene Stadt für alle Menschen, Rassismus findet sich zwar in allen Kreisen der Gesellschaft, staatlicher Rassismus scheint in Deutschland jedoch nicht zu existieren, ebenso ist Neofaschismus zwar ein Problem, nicht jedoch seine offizielle Duldung.


Wer von Nazis redet,
sollte von V-Männern und staatlichem Versagen nicht schweigen!

Seit Monaten ist die Öffentlichkeit entsetzt über die Mordserie des NSU, aber auch über die offensichtliche tiefe Verstrickung der Geheimdienste mit der Naziszene. Das V-Leute-System, das überzeugte Neonazis mit Hunderttausenden von Euro für zweifelhafte Informationen finanziert, konnte keinerlei Beitrag zur Aufklärung des Nazi-Terrorismus leisten. Staatliche Stellen versagten vollständig. Selbst in der FAZ und der Süddeutschen Zeitung wird mittlerweile die Abschaffung des inkompetenten Verfassungsschutzes diskutiert.  Die Mehrheit der Bevölkerung fordert ein NPD-Verbot.

"Laut gegen Nazis“ bietet trotz allem dem Hamburger Innensenator Michael Neumann ein Forum, gerade diese gescheiterte Politik zu rechtfertigen. Im Rahmen der „Internationalen Wochen gegen Rassismus“ wird er für „Laut gegen Nazis“ an der Hamburger Uni die SPD-Position zum NPD-Verbot und zu V-Leuten  darlegen. Gegenüber den Medien hat  Neumann erklärt, dass er an dem Einsatz von Neonazis in Staatsdiensten (also V-Leuten) - im Gegensatz zu anderen Innenministerien - festhalten will. Neumanns Forderung nach einem Verbot der NPD wird damit zur Farce, denn der letzte Verbotsversuch scheiterte genau an dem staatlichen Festhalten an der V-Mann-Praxis.
 

Antifaschistische Expertise: mangelhaft!

Im Juli 2011 erschien in der Hamburger Morgenpost der Artikel „Die Nazijäger aus Hamburg“. In diesem Artikel suggerierte Jörn Menge, dass durch seine Recherchen und Veröffentlichungen, vielen Neonazis das Handwerk gelegt würde.

Wer den Blog von „Laut gegen Nazis“ jedoch regelmäßig liest, wird merken, dass neben Selbstdarstellungen meist lediglich Zeitungsmeldungen aufbereitet wiedergegeben werden. Mit investigativem Journalismus und eigener Recherche hat das wenig zu tun. In antifaschistischen Fachzeitschriften und Büchern wird man Recherchen von Jörn Menge vergeblich suchen.


Antifaschismus ist kein profit-orientiertes Unternehmen

„Laut gegen Nazis e.V.“ tritt gerne mit dem Gestus als Basisinitiative auf, hat aber mit der antifaschistischen Bewegung in Hamburg so gut wie nichts zu tun. Der Verein sitzt in keinem Hamburger Bündnis gegen Rassismus oder Neonazis und beteiligt sich nicht an entsprechenden Kundgebungen, Demonstrationen oder anderen Aktionen. 

„Laut gegen Nazis“ tritt aber dann in Erscheinung, wenn auch die etablierte Politik Farbe bekennen muss, wie z.B. bei bundesweiten Mobilisierungen zu Wunsiedel, Dresden oder Hamburg am 1. Mai 2008. Und jedes Mal hat sich „Laut gegen Nazis“ im Zweifel für die Seite von Städten, Gemeinden oder der etablierten Politik und gegen eine solidarische Kooperation mit der antifaschistischen und antirassistischen Bewegung entschieden. Dies verwundert wenig. In der Vereinssatzung ist nachzulesen, dass man sich nicht nur gegen „Rechtsextremismus“ engagiere, sondern gegen „Extremismus“ jeglicher Art. Die hier betriebene Gleichsetzung von Neonazis und ihren engagierten Gegner_innen, entspricht der seit zwei Jahren herrschenden Extremismusdoktrin der Bundesregierung. Mittels dieser Doktrin wird vielen Anti-Rechts-Projekten der Entzug von staatlichen Geldern  angedroht. Geld, um das „Laut gegen Nazis“ nicht zu fürchten braucht. 

Jörn Menge ist auch der Geschäftsführer der Werbefirma, die vor allem die Kampagne „Laut gegen Nazis“ betreut. Von der Vermarktung von Antifaschismus versteht er daher einiges. Jeder einzelne Sponsor,  der die „Internationalen Wochen gegen Rassismus“ 2012  unterstützen und auf Werbung und Veröffentlichungen von „Laut gegen Nazis“ erscheinen möchte, soll laut Konzept 15.000 Euro „Werbekostenpauschale“ an „Laut gegen Nazis“ zahlen. Ganz in der Sprache des Kapitalismus schreibt Jörn Menge, so könnten Unternehmen „Mehrwert“ generieren. Gemeint ist hier der ideelle Mehrwert „gegen Nazis“. „Laut gegen Nazis“ bietet so dem etablierten Politik- und Kultur-Betrieb sowie finanzkräftigen Unternehmen ein antirassistisches Image gegen entsprechende Bezahlung, ohne dabei unangenehme Punkte zu thematisieren. 

Im Februar 2010 erhielt „Laut gegen Nazis“ eine 100.000-Dollar-Spende vom Unternehmen Google. Nur sechs Monate später behauptete Jörn Menge gegenüber dem Hamburger Abendblatt, der Verein sei pleite, wenn nicht weitere Spenden kommen würden.

Aus jahrzehntelanger Erfahrung wissen wir, dass antirassistische Veranstaltungen, Antifa-Konzerte und sonstige Events auch ehrenamtlich und selbstfinanziert organisiert werden können und  trotzdem eine Menge Menschen erreichen kann. 

Wo ist das ganze Geld geblieben und wofür wird das eingenommene Geld für die „Internationalen Wochen gegen Rassismus“ verwendet? Zu lesen ist darüber nichts. Die zigtausende von Euro, welche von der Wirtschaft an Menges Verein gespendet werden, wären in der konkreten Unterstützung von Flüchtlingen und Migrant_innen sicherlich sinnvoller investiert, als in eine Jubelveranstaltung auf dem Spielbudenplatz.

Wer von Rassismus redet,
sollte von Abschiebung und Lagern nicht schweigen!

„Laut gegen Nazis“ wirbt für die „Internationalen Wochen gegen Rassismus“ mit der Schirmherrschaft von Bürgermeister Olaf Scholz, schweigt jedoch zu den Abschiebungen von Roma-Familien, die der SPD-Senat vor Monaten begonnen hat; trotz vieler Proteste aus gewerkschaftlichen und kirchlichen Kreisen, vom Hamburger Flüchtlingsrat und vielen anderen. Während der Innensenator Michael Neumann öffentlich verkündete, die Anträge der Roma-Familien auf Bleiberecht werden wohlwollend geprüft, wurden bisher alle Anträge im „Eingabeausschuss“ abgelehnt. Gegen die Stimmen von GAL und LINKE, werden Roma trotz Winter, Krankheit, selbst Kinder und Alte, gnadenlos und ohne Ausnahme aus Hamburg in eine unsichere Zukunft abgeschoben. Die von Innensenator Neumann aktuell ausgesetzten Abschiebungen nach Serbien bis Mitte März 2012 aufgrund der extremen Kältewelle ändern an dieser Situation nichts. Zu diesem Skandal schweigt auch „Laut gegen Nazis“.

Von „Laut gegen Nazis“ hört man ebenfalls kein kritisches Wort zum Abschiebelager im mecklenburgischen Horst. Dort müssen Flüchtlinge, welche in Hamburg ankommen, leben. Es liegt fern ab von Dörfern, isoliert zwischen Wiesen und Wäldern. Die Lebensbedingungen dort sind menschenunwürdig, die Gesundheitsversorgung unzureichend, ein Schulbesuch für Flüchtlingskinder ist dort nicht möglich. Vor der Bürgerschaftswahl stellte die oppositionelle SPD eine Schließung des Lagers in Aussicht. Jetzt ist davon keine Rede mehr.


„Internationale Wochen gegen Rassismus“, welche den Titel wirklich verdienen, müssten auch die Lager- und Abschiebepolitik - ebenso wie das offensichtliche Versagen staatlicher Stellen bei Bekämpfung von Neofaschismus und Rechtsterrorismus - engagiert thematisieren.

  • Gegen Rassismus – gleiche Rechte für alle Menschen!
  • Sofortige Abschaffung des Lagers Horst!
  • Bleiberecht für Roma und alle anderen Flüchtlinge!
  • Kein Mensch ist illegal!
  • Lückenlose Aufklärung desstaatlichen Versagens bezüglich des NSU!
  • Auflösung aller faschistischen Organisationen!

Hamburger Bündnis gegen Rechts, 21.02.2012

 


V.i.S.d.P.: Olaf Harms c/o Hamburger Bündnis gegen Rechts, Hein-Hoyer-Str. 41, 20359 Hamburg

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